Homo Magi - Teambeitrag

Parson zum zweiten

Reaktionen auf "Raumfahrt, Sex und Rituale"
von Hermann Ritter

Ich schrieb eine Rezension zu „Raumfahrt, Sex & Rituale“ von John Carter, in der ich das Buch gelobt habe, aber auch Kritik an der Ausgabe übte („Dies ist ein wichtiges Buch [...]. Aber eben weil dieses Buch so wichtig ist, ist es notwendig, dass man auf Fehler hinweist, die es enthält, aber auch Stärken lobt, die es hat.“)

Da ich früher für den „GOLEM“ – das „Hausmagazin“ des Hadit Verlages, der das Buch herausgibt – geschrieben habe, sandte ich die Rezension auch an den Verlag. Praktischerweise war auch ein Preisausschreiben für Rezensionen ausgeschrieben worden, an dem ich dann auch mit der Rezension teilnehmen wollte.

Die Antwort des Verlages (Gundula Freytag) überraschte mich:

[Anmerkung: im folgenden sind Zitate aus der Original-Rezension kursiv gesetzt]

Hallo Hermann,

nun doch recht verwundert haben wir Dein Lebenszeichen zur Kenntnis genommen, denn nach Deiner Kündigung des GOLEM haben wir nicht erwartet, von Dir weitere Angebote an Texten zu erhalten – für eine Zeitschrift, die Dir doch offenbar nicht zugesagt hat.

Noch erstaunter habe ich (als Lektor von „Raumfahrt, Sex und Rituale“) Deine „Rezension“ zur Kenntnis genommen. Eigentlich hatte ich nicht vor, auf den nervtötenden Mist, den Du da zusammengeschrieben hast, zu antworten. Da ich ziemlich gut beurteilen kann, wieviel Aufwand, Sorgfalt, Zeit und Mühe in dieses Buch geflossen sind, brauche ich mich andererseits nicht angegriffen zu fühlen und kann einige, wenn auch aus Zeitgründen nicht alle, Punkte aufgreifen und dazu Stellung nehmen.

Zuerst mal behagt mir der ganze Ton nicht. Sicher hat jeder Autor Stärken UND Schwächen und man kann in jedem Buch Sätze finden, die einem aufstoßen oder Lücken, die man gern gefüllt sehen möchte. Das in Form von ausufernder Krümelkackerei und besserwisserischer Arroganz aufzuarbeiten, macht keinen guten Stil – auch dann nicht, wenn man von der anderen Seite erwartet, gewillt zu sein, eine gute Portion konstruktiver Kritik anzunehmen.

Zuerst muss man sagen, dass Carter 1. Amerikaner ist, 2. offensichtlich kein Schriftsteller und 3. vermutlich aus der Wissenschaftsgemeinde um das JPL stammt, nicht aber aus Kreisen der SciFi-Fans oder Okkultisten. Dies erklärt vieles, was Du aus Deiner Sicht merkwürdig findest. Der Schreib-Stil des Originals ist an vielen Stellen eher dürftig und keineswegs literarisch glänzend; es war daher nicht einfach, ein recht primitives Amerikanisch in ein anspruchsvolles Deutsch zu übertragen.

„Nur das »Literatur und Quellenverzeichnis« ist ärgerlich, da es leider nicht durchgängig in der richtigen alphabetischen Reihenfolge ist.“

Dein sogenannter Ärger ist ja leicht zu erregen. Die primäre und sekundäre Bibliographie ist streng alphabetisch, lediglich die zusätzlichen Referenzen, Briefe, Gespräche etc. sind vom Autor nicht alphabetisch geordnet, wobei das weder störend ist noch besonders auffällt, da hier keine Buchtitel angegeben werden, sondern einfach Notizen des Autors. Wir haben daran nichts geändert, sondern es so belassen wie im Original.

"„Dies könnte darauf hinweisen, dass die Aufzeichnungen in dieser Hinsicht entstellt ist.“ Dies ist mir eine etwas zu einfache Begründung."

Möglicherweise hast Du Recht. Aber wie gesagt, Carter ist kein Okkultist, sondern hält sich als Biograph an das ihm zur Verfügung stehende Material.

„Hubbards Karriere mit Scientology ist in verschiedenen Versionen gut belegt.“ Hier wären ein paar Sätze mehr informativ gewesen.

Ebenfalls ganz Deiner Meinung. Hier haben m.E. Autor und Original-Verlag eine bewusst defensive Haltung eingenommen. Scientology überzieht bekanntermaßen jeden mit Gerichtsklagen, der sich ihrem Idol auch nur geringfügig kritisch nähert. Das kostet viel Geld und Nerven. Carter lässt trotzdem an genügend Stellen durchblicken, dass Hubbard ein Scharlatan und Schlitzohr war.

„Die JATOs waren ein Erfolg, und Parsons war der Gelobte.“

der Beste, der Gepriesene, was macht das schon ...

Pearl Harbour lag nur einen Monat voraus“

jedes Baby versteht sofort, dass das „Ereignis Pearl Harbour“ gemeint ist. Im Original steht es genauso.

Oder: „Im Versuch, sich die Sache schönzufärben (...).“ Für diesen Halbsatz gibt es eine eigene Fußnote: „wörtlich: (süße) Limonade aus (sauren) Zitronen zu machen [A.d.Ü.]“

Wie hättest Du es formuliert? Das umgangssprachliche Original im Amerikanisch macht im Deutschen keinen Sinn, denn was soll es hierzulande bedeuten, wenn jemand Limonade aus Zitronen macht ...

Angaben wie „Geschoepfe der Finsternis“ in der Literaturliste sind einfach nur ärgerlich.

aus welchem Grund?

Überall da, wo es deutsche Übersetzungen gibt, haben wir im Literaturverzeichnis die Originaltitel in den verfügbaren deutschen Ausgaben angegeben:

Auszug aus dem KVK:

Titel: Geschöpfe der Finsternis : e. Roman aus d. Reihe : „Visionen d. Schreckens“ / Jack Williamson. Hrsg. von Walter Spiegl. [Aus d. Amerikan. von Leni Sobez]

Verfasser: Williamson, Jack

Verleger: Frankfurt ; Berlin [West] ; Wien : Ullstein

Erscheinungsjahr: 1979

Umfang/Format: 125 S. ; 18 cm

Gesamttitel: Ullstein-Bücher ; 3581

Originaltitel: Darker than you think <dt.>

ISBN: 3-548-03581-7

So wird „Amazing Stories“ in der Anmerkung des Übersetzers zu „Erstaunliche Geschichten“. Danke.

Bitte, keine Ursache. Warum gleich dieses Beleidigtsein? Es gibt genügend Leute, die kein Englisch verstehen und für einen Hinweis dankbar, was sich hinter einem bestimmten Begriff verbirgt.

Captain Marvel! Der erste amerikanische Comic-Held

Dem Autor, der Übersetzerin und mir bekannt. Der Autor hat es nicht für nötig befunden, hier eine Fußnote oder eine Erklärung anzubringen, also haben wir es auch gelassen. Es ist der Text des Autors, nicht unserer und nirgendwo ist es üblich, jeden Satz in einem Sachbuch lektorierend zu kommentieren. Da Du den Zusammenhang offensichtlich wiedererkannt hast, warum nicht ein Grund zur Freude?

Der Hinweis fällt einem sofort auf, wenn man was vom Thema versteht.

Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Keine Rezension, sondern eine Selbstdarstellung von Hermann Ritter, der selbstverständlich etwas von der Sache versteht. Verstehst Du auch was von Sprengstoffchemie, Raketentreibstoffen, Druckgesetzen und Ballistik? Könnte ja sein ...

"„Es scheint mehr als bloßer Zufall, dass die einzige Loge des OTO sich in nur wenigen Meilen Entfernung von Parsons’ Zuhause befand.“ Und was sagt uns das jetzt?"

Es sagt uns, dass Du kein Gefühl hast für erstaunliche Zufälle oder Synchronizitäten oder die Magie des Lebens ...

Die dazugehörige Fußnote „tatsächlich die einzige praktisch arbeitende Loge des Ordens zu dieser Zeit [A.d.Ü.]“ ist durch nichts belegt.“

Nachzulesen unter „Geschichte des OTO“ auf der Homepage des OTO. Es ist halt ein Fakt und man muss nicht jeden Satz, den man schreibt, mit einer beglaubigten historischen Urkunde belegen.

Soviel Zeit muss man investieren, wenn man ein Buch lektorieren will.

Die Anmerkung der Übersetzerin zielte an dieser Stelle wohl mehr auf herkömmliche Antiquariate und die Titel Leys, die sich mit dem Zusammenhang von Okkultismus und 3. Reich beschäftigen – und auch das Angebot im Internet ist nicht immer gleich. Was solls?

doch leider an vielen Stellen schlampig bearbeitet.

kann man nur beurteilen, wenn man das Original vorliegen und verglichen hat. Schlampig rezensiert, Herr Ritter!

Nichts für ungut!

FC mail@hadit.de

 

So, eine solche Antwort, durchsetzt von Beleidigtsein („nun doch recht verwundert haben wir Dein Lebenszeichen zur Kenntnis genommen, denn nach Deiner Kündigung des GOLEM haben wir nicht erwartet, von Dir weitere Angebote an Texten zu erhalten – für eine Zeitschrift, die Dir doch offenbar nicht zugesagt hat.“, „nervtötenden Mist“ und „Zuerst mal behagt mir der ganze Ton nicht.“) hatte ich nicht erwartet, weil ich dem Verlag mehr Professionalität zugetraut hätte. Mein Fehler.

In einigen Punkten gibt die Lektorin mir recht (s.o.), einige Punkte aus meiner Rezension spricht sie erst nicht an (nein, ich zähle die jetzt nicht auf, sondern verweise auf die Rezension), in einigen Punkten ist sie anderer Meinung. Ich will nicht auf alle der von ihr genannten Punkte eingehen, das ist die Sache nicht wert. Ein paar Anmerkungen seien aber erlaubt.

1. Ich habe schon Bücher lektoriert, danke. Daher weiß ich, um was es geht.

2. Bei einem Literaturjahrbuch („Magira“) bin ich Mitherausgeber. Wir drucken viele Rezensionen ab. Von daher erlaube ich mir ein Urteil über Rezensionen.

3. Zitat: „Die primäre und sekundäre Bibliographie ist streng alphabetisch“ Dann folgen die Reihenfolgen „Moonchild“ vor „Magick in Theory and Practice“ (Mo vor Ma) oder „Liber 777 und andere kabbalistische Schriften“, „Das Buch der Lügen“ und „Confessions. Eine Autobiographie“ (Li, Da, Co) einem anderem Alphabet als dem mir bekannten.[1]

4. Meinen Hinweis auf das falsch geschriebene „Geschoepfe der Finsternis“ mit dem Verweis auf den Originaltitel „Geschöpfe der Finsternis“ zu beantworten, das ist schon erheiternd.

5. Zitat: „Keine Rezension, sondern eine Selbstdarstellung von Hermann Ritter, der selbstverständlich etwas von der Sache versteht. Verstehst Du auch was von Sprengstoffchemie, Raketentreibstoffen, Druckgesetzen und Ballistik?“ Darum ging es ja nicht. Es ging um den Beanie auf dem Tropenhelm ... Aber in diesem Zusammenhang (mit Sprengstoffchemie) sieht das natürlich schlechter für mich aus. Gebe ich zu. Hatte ich auch nicht geschrieben.

6. Auf der Homepage des Hadit Verlages[2] heißt es: „Schreiben Sie eine Rezension ... Lesen Sie mehr über das abenteuerliche Leben Jack Parsons’ und schreiben Sie bis zum 31.12.2004 eine Rezension (...). Die zwei besten Einsendungen prämieren wir mit zwei kostenlosen Ganzjahres-Abos 2005 unserer Zeitschrift »Der GOLEM«. Teilnehmen kann jeder, das Buch auch wirklich gelesen hat ;-) und uns bis zum o.g. Datum in digitaler Form (...) seine Gedanken auf mindestens einer halben DIN A4 Seite übermittelt. (...) Die besten Texte werden zudem auf der Internet-Seite zum Buch veröffentlicht. Ausschlaggebend für die Bewertung ist übrigens nicht eine lobende Einschätzung des Buches, sondern ein ausgewogener Blick, ein ansprechender Schreibstil und das gewisse Etwas ... Also ran an die Tasten! Wir freuen uns auf jeden Beitrag!“

Müßig zu erwähnen, dass meine Rezension nicht auf der Homepage[3] angekommen ist. Noch einmal zum Nachlesen, was eben als Wunsch vom Verlag formuliert worden ist: „Ausschlaggebend für die Bewertung ist übrigens nicht eine lobende Einschätzung des Buches, sondern ein ausgewogener Blick, ein ansprechender Schreibstil und das gewisse Etwas ...“

Danke. Genau so stelle ich mir freie, heidnische Presse vor ...

Hermann Ritter, August 2004

 

 

 


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