Homo Magi Archiv

Wöchentliche Ansichten eines Magiers über den Jahreslauf und die Welt

Teil 23

Delling Dank!

Homo Magi

Delling Dank

Dinge, die man sich vornimmt

 

Hallo Salamander,ein neues heidnisches Jahr. Neues Spiel, neues Glück.

Aber für diese Phase habe ich mir immerhin ein paar Dinge vorgenommen. Mal lebt nicht endlos, und ich muss keine Beziehungen mit Menschen aufrechterhalten, bei denen ich seit Jahren (oder gar Jahrzehnten) nur zahle bzw. liefere. Da gibt es in meiner Welt zwei brutale Schritte der Reduzierung. Beim ersten erfolgt die Herunterregelung auf „Weihnachts- und Geburtstagskarte“, darunter dann das Löschen der Adressen und damit auch das Beenden jeden Kontaktes.

Dass ich das kann, habe ich mir selbst und meiner Umwelt schon oft genug bewiesen. Aber jetzt ist irgendwie gerade der Zeitpunkt gekommen, um ein paar Adresslisten auf Stand zu bringen, ein paar Verhaltensweisen zu überdenken und überhaupt und insgesamt ein wenig zu räumen.

Und ich mache mich dann auch an das große Projekt, endlich den Vortrag über meine Jahre in jenem deutschen heidnischen Verein zu schreiben, dessen Namen ich immer verdränge. Das ist inzwischen so lange her, dass ich wieder aus dem Gefängnis frei wäre, wenn ich damals einen der Protagonisten erschlagen hätte (was sich manchmal so angefühlt hat, als wäre es eine gute Idee gewesen). Vielleicht nur auf Bewährung, aber ich wäre frei, selbst bei Mord (lebenslang heißt bei uns, das man nach frühestens 15 Jahren wieder freikommt[1] … klappt in diesem Falle). Ist komisch, da noch einmal dran zu gehen, aber dann ist es auch erledigt und abgearbeitet. Denn: Ohne Rücksichtnahme sollte ich da jetzt drangehen können, um denen, die nach uns kommen, zu helfen, dass sie die Fehler vermeiden, die wir gemacht haben.

Die Welt um mich herum Angst vor Krieg und Kälte. Ich räume auf. Andere pflanzen in solchen Situationen Bäume, aber das ist wohl eine Frage der charakterlichen Grundeinstellung.

Dein Homo Magi


 

Sprache für Arbeitgeber

 

Hallo Salamander,

 

manchmal freue auch ich mich, wenn die Gewerkschaften etwas von sich geben. Verstehe mich nicht miss: ich bin seit Jahrzehnten Gewerkschaftsmitglied, muss aber schmerzlich seit Jahren erkennen, dass meine Berufsgruppe (nicht die Magier, die Sozialarbeiter) schmerzlich vernachlässigt werden, wenn es um Gewerkschaftsarbeit geht. Ein Systemfehler, über den man trefflich streiten kann, aber er lässt sich nicht leugnen.

Da lese ich doch auf dem Titelblatt der aktuellen „ver.di publik 7-2022 – Die Mitgliederzeitung“ folgenden „Teaser“ für einen Artikel im Innenteil:

Die Internationale lebt

Auf den internationalen Arbeiter*innentagen stehen die versammelten Gewerkschafter*innen geschlossen gegen extreme Rechte in der Arbeitswelt.

Da freut mich sich als Arbeitgeber, dass die Gewerkschaften erkannt haben, dass einige Rechte für Arbeitnehmer wirklich zu weit gehen. Da ist z.B. die Tatsache, dass man in Kur Urlaubstage erwirbt oder die Gegebenheit, dass Kirchenangestellte und Rundfunkmitarbeiter offensichtlich in der Altersversorgung wie bei der Berechnung der Lebensarbeitszeit deutlich besser gestellt sind als Sozialarbeiter (natürlich sind auch andere Mitarbeitende des öffentlichen Dienstes besser gestellt als meine Berufsgruppe, aber auch das ist ein anders Thema).

Ich vermute nur leider nach dem zweiten Lesen der Schlagzeile (und der Frage nach der Sinnhaftigkeit von Anti-Arbeitnehmerrechte-Hetze in einer Gewerkschaftszeitung), dass nach dem Gegender im Satz keine Zeit mehr für Sinnsuche war. Vielleicht sind Rechtsextreme gemeint und nicht die extremen Rechte. Aber das wäre zu viel verlangt, oder? Ist ja nur die Titelseite.

Und um mehr Rechte für Magier geht es überhaupt nicht. Das ist sowieso ein Skandal an sich, aber wahrscheinlich würde ich als Magier am Ende in einer Gewerkschaftsgruppe mit Heilpraktiker*innen und Hex*en*ern und Energiearbeiter*innen landen. Grusel pur.

 

Dein Homo Magi


 

Einhorn-Energie

 

Hallo Salamander,

 

ich habe immer vermutet, dass alle magischen Symbole irgendwann verwurstet werden, um daraus mystische Angebote und Geldverdienen zu generieren.

Ich mag das Einhorn, seit ich vor fast 40 Jahren in einen Fantasy-Verein eingetreten bin, dessen Symbol das Einhorn ist. Aber was man heute an „Einhornenergie“ geboten bekommt, das ist wirklich kaum zu glauben. Beispiel gefällig?

Einweihung in die Einhornenergie

Die Einhörner sind Lichtboten der universellen Liebe. Sie sind es gewohnt, ihren Weg alleine zu gehen, Pionierarbeit zu leisten und neue Wege zu beschreiten. Sie begleiten die Lichtarbeiter auf ihrem ganz eigenen Weg der Heilung. Sie vereinen in sich die kraftvolle Pferdenergie mit der Energie der kosmischen Einsicht. Während sie den Lichtarbeiter streckenweise tragen, geben sie öffnende Impulse in das Energiezentrum des Dritten Auges, damit er Einsicht in seine – oft noch karmischen Muster – nehmen kann, um diese konstruktiv zu bearbeiten. Die Einhörner arbeiten intensiv mit dem smaragdgrünen Strahl des Aufgestiegenen Meisters Hilarion, dem Strahl der Wahrheit, der Konzentration und Heilung sowie mit dem weißen Strahl von Serapis Bey, dem Strahl der Reinheit und karmischen Reinigung, und dem rosafarbenen Strahl der Liebe zusammen. Die Einhornenergie kann andere Therapiearten hilfreich ergänzen.[2]

Der einzige Strahl, den ich je bei einem Pferd sah, war weder smaragdgrün noch weiß, sondern logischerweise urin-gelb.

Aber das Internet weiß weiter: Meister Hilarion war ja auch der Apostel Paulus[3] und er hat eine klare Aufgabe:

Hilarion ist ebenso wie Djwal Khul der Meister des grünen Seelenstrahl. Sein „Arbeitsbereich“ ist aber ein wenig anders, als der von Djwal Khul. Hilarion hütet den hellgrünen Teil des grünen Seelenstrahl.[4]

Anders ist das beim zitierten Serapis Bey, der hat eine ganz andere Aufgabe:

Der Lenker der Aufstiegsflamme ist Serapis Bay. Seine Energie möchte dem Menschen dessen eigene Kraft spüren und nutzen lassen. Als inkarnierter Engel transportiert der Meister des 4. Strahls mehr Klarheit über Ursache und Wirkung.[5]

Aha.

Das kann man noch alles hinnehmen. Aber dann kommen die Einhorn-Gedichte. Und da frage ich mich tatsächlich, warum ein Gefühl für Rhythmus, Reime und – ja, man muss es ergänzen – auch Inhalt nicht von den Einhörnern oder irgendwelchen inkarnierten Engeln weitergegeben wird.

 

Lehne dich zurück und lies die nächsten Zeilen am besten laut. Und nein, so etwas kann man nicht erfinden (außer man ist ein Vogone[6]).

Höre den Ruf der Neuen Zeit,

Jetzt ist es soweit.

Die Tore gehen auf, der Weg ist frei.

Jetzt starte durch und – eins, zwei, drei,

stehst du, wie durch Zauberhand,

inmitten deines Lebenstraumes-im Strahlengewand.

Meisterschaft, die das Einhorn erlangt,

indem es authentisch lebt – durch Meisterhand

geführt, gelenkt und durch des freien Willens Macht

schwinge dich ein in die unendliche, liegende Acht,

Symbol der Unendlichkeit, multidimensionales Wesen,

Sternenwissen können wir in deinen Auge,n lesen,

das Mysterium ergründen, erinnern und neu erschaffen.

Möge deine Lichtreise auf Erden

dir unendlich viel Freude machen![7]

Ich gehe mich jetzt authentisch betrinken und schwinge mich dabei in die liegende Acht ein.

 

Dein Homo Magi


 

Kiosk im Bernstein

 

Lieber Salamander,

 

manche Geschichten sind so eigenartig, dass man sich fragt, ob sie wirklich stattgefunden haben.

Da wanderten meine Frau und ich morgens auf dem Weg zu einem Seminar durch eine deutsche Großstadt im Ruhrgebiet. Auf einmal war links in einem Schaufenster eine Leuchtanzeige für die „Funk Uhr“ zu sehen, die genauso aussah, wie wir sie aus den 80er-Jahren in Erinnerung hatten.

Das passte zu dem, was wir durch das Fenster sehen konnten. Der Kiosk sah aus, als wäre er 1975 eingefroren und mit Kunstharz ausgegossen worden. Im Fenster lag ein „Rolling Stone“ mit den „Beatles“ auf dem Cover. Und wenn wir nicht erkannt hätten, dass es sich um eine aktuelle Ausgabe zur Neuveröffentlichung des Albums „Revolver“ handelt, wir hätten gerne geglaubt, dass die dort seit 1974 liegt und erstaunlich wenig vergilbt.

Wir trauten uns hinein. Vor uns richtete sich eine uralte Frau auf, die außerhalb unserer Sicht auf dem Boden damit beschäftigt gewesen war, ein Paket auszupacken. „Kann ich ihnen helfen?“, fragte sie uns. Vom Äußeren her war sie mindestens 80, wenn nicht 90. Weiße Haare in einer Frisur, die schon meine Großtanten getragen hatten. Dazu eine Kittelschürze.

Was sollten wir tun, außer uns dem Zauber ergeben? Wir kauften natürlich den „Rolling Stone“ und eine Packung Zigarillos, von der ich ihr den Preis vorlesen musste, weil sie ihn nicht mehr entziffern konnte. Ansonsten sehr professionell, kein Wunder bei 70 oder mehr Jahren Berufserfahrung.

An der Wand hingen schwarzweiße Fotos, die offensichtlich genau dasselbe Gebäude – nur ohne die Leuchtwerbung für die „Funk Uhr“ – abbildeten, wahrscheinlich aus der Zwischenkriegszeit. Sie war auf dem Foto nicht zu erkennen, aber wenn sie drauf gewesen wäre, hätte es uns nicht gewundert.

Wir bedankten uns schüttelten die Köpfe, um wieder klar zu werden, und nahmen den Rückweg aus der Welt der eigenartigen Elfen in die Menschenwelt. Am nächsten Morgen wollten wir einen Kontrollbesuch machen. Der Laden war noch vorhanden, aber geschlossen. Wahrscheinlich musste sie zurück an den Hof von Oberon, um Bericht zu erstatten aus der Welt der Menschen.

Eigenartig.

 

Dein Homo Magi


 

Butter

 

Hallo Salamander,

 

es wird immer schwieriger, ein Delling-Kultist samt Butter-Anbetung zu sein. Was schreibt Öko-Test: „Butter schmiert im Öko-Test ab – 14 von 20 Produkten nur »ungenügend«“.[8] Abgesehen von dem schlechten Wortspiel mit „schmieren“ ein schlimmes Zeugnis.

Weiter heißt es da: „»Gute Butter« - so hieß es einst in Kriegszeiten, als »echte« Butter kaum erschwinglich und kaum erhältlich war. Zu kaufen gibt es sie heute in jedem Supermarkt und Discounter, doch »gut« ist an dem Butter-Angebot wenig, wie ein verheerender Testbericht der renommierten Verbraucherzeitschrift Öko-Test (Ausgabe 12/2022) zeigt. Von 20 Buttermarken fielen 17 durch. 14 erhielten sogar die Note 6.“[9]

Noch schlimmer wird es, wenn man überlegt, was man hier zahlen muss: „Butter ist für viele ein wichtiger Teil der Ernährung – und bleibt es auch trotz einer Preissteigerung von 72 Prozent innerhalb eines Jahres, wie das Statistische Bundesamt ermittelt hat.“[10]

Die schlechte Beurteilung ist gerechtfertigt: „Der Grund für die größtenteils vernichtenden Bewertungen war nicht so sehr der Geschmack. Fast alle Marken im großen Butter-Test waren mit Mineralöl-Rückständen belastet. Teilweise ist die Konzentration so hoch, wie es die Öko-Tester noch nie zuvor in einem Lebensmittel gemessen haben.[11] Wenn Met verunreinigt wäre, würde jetzt durch die deutsche Asatru-Landschaft ein großes Stöhnen gehen. Aber Butter … seufz. Mineralöl hatte ich nicht in Butter vermutet. Der vermutete Weg des Mineralöls in die Butter ist schon eklig genug: „Doch wie kommen die Mineralrückstände, von denen einige Verbindungen als krebserregend gelten, in die Butter? Da werden einerseits Schmieröle von Maschinen als Ursache angenommen. Andererseits hat ein Hersteller laut Öko-Test festgestellt, dass die Verpackung in wachskaschierter Alufolie einen wesentlichen Anteil an der Belastung mit den gesättigten Mineralölwasserstoffen habe.“[12]

Aber das wirkliche Sakrileg kommt jetzt: „Die Öko-Tester empfehlen, Butter beim Backen von Rührteigkuchen oder Muffins etwa durch neutrales Öl zu ersetzen. Und überall da, wo Buttergeschmack untergeht, sowieso.“[13] Nein, denn Delling will das nicht. Butter rulez.

 

Dein Homo Magi

Lange Haare

 

Hallo Salamander,

 

jetzt bin ich in einem Alter, wo der Haaransatz langsam aber sicher nach hinten wandert, und schon erfahre ich mehr über die mystische Kraft des vollen Haares. Und was noch viel schlimmer ist: bis jetzt war die Information geheim, nur langsam kommt sie ans Licht.

Ich zitiere:

Diese Information über Haare wurde seit dem Vietnamkrieg vor der Öffentlichkeit verborgen.[14]

Es wird dann noch richtig großartig in diesem Text:

In den frühen neunziger Jahren war Sally [Name geändert, um die Privatsphäre zu schützen] mit einem lizenzierten Psychologen verheiratet, der in einem VA Medical Hospital arbeitete. Ihr Ehemann arbeitete mit Kampfveteranen mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS). Die meisten von ihnen hatten in Vietnam gedient.

Sally sagte: „Ich erinnere mich deutlich an einen Abend, an dem mein Mann in unserer Wohnung am Doctor’s Circle mit einem dicken Aktenordner in der Hand zurückkam. (…) Er war von dem Inhalt schockiert. Was er in diesen Dokumenten gelesen hat, hat sein Leben komplett verändert. Von diesem Moment an liess mein Mann seine Haare und seinen Bart wachsen und schnitt sie nie wieder ab. Mehr noch, das VA Medical Center ließ ihn das tun, und andere sehr konservative Männer im Stab folgten seinem Beispiel.[15]

Beim Weiterlesen merkt man, dass hier wohl kein lebender Übersetzter dran war, sondern ein Programm:

Ernsthafte Kausalitäten und Leistungsmängel führten dazu, dass die Regierung teure Tests dieser Rekruten in Auftrag gab, und das wurde gefunden.[16]

Solche Sätze sollte man ein wenig umbauen, um sie dann in Mitarbeitergesprächen loszuwerden. „Warum ist ihre Arbeit in den letzten Monaten so schlecht?“ „Ich leide an ernsthaften Kausalitäten und Leistungsmängeln.“

Weiter zu den Haarschnitten:

Als die älteren Rekruten gefragt wurden, ob sie nicht wie erwartet arbeiteten, antworteten sie übereinstimmend, dass sie, wenn sie die erforderlichen militärischen Haarschnitte erhielten, den Feind nicht mehr „spüren“ konnten, keinen „sechsten Sinn“”, keine „Intuition“ mehr hatten. Sie konnten auch keine subtilen Zeichen „lesen“ oder auf subtile Informationen zugreifen.[17]

Schön ist jetzt der Wechsel von Indianern zu Indern in der Übersetzung, wenn man weiterliest:

Als ich die Dokumente las, erfuhr ich warum. Während des Vietnamkriegs hatten Spezialkräfte in der Kriegsabteilung verdeckte Experten entsandt, um Indianerreservate auf der Suche nach talentierten Spähern zu durchsuchen, nach harten jungen Männern, die darauf trainiert waren, heimlich durch unwegsames Gelände zu ziehen. (…)

Mit den üblichen Verlockungen, den gut belegten glatten Phrasen, die verwendet wurden, um neue Rekruten anzumelden, wurden einige dieser indischen Fährtenleser angeworben. Einmal eingewechselt, passierte eine erstaunliche Sache. Was auch immer für Talente und Fähigkeiten, die sie in der Reservation besessen hatten, schien auf mysteriöse Weise zu verschwinden, da Rekrut nach Rekrut nicht wie erwartet auf dem Feld funktionierte.[18]

Jetzt kommt in bestem Deutsch die Beschreibung des Versuchsaufbaus:

Also rekrutierte das Testinstitut mehr indische Tracker, ließ sie ihre langen Haare behalten und testete sie in mehreren Bereichen. Dann würden sie zwei Männer zusammenbringen, die bei allen Tests die gleichen Punkte erhalten hätten. Sie ließen einen Mann in dem Paar seine Haare lang halten und gaben dem anderen Mann einen militärischen Haarschnitt. Dann nahmen die zwei Männer die Tests wieder auf.

Immer wieder machte der Mann mit den langen Haaren hohe Punktzahlen. Immer wieder versagte der Mann mit den kurzen Haaren in den Tests, in denen er zuvor hohe Punktzahlen erzielt hatte.[19]

Wie erklärt sich das wissenschaftlich? Es waren die langen Hippie-Haare der Steinzeitmenschen, wenn ich das richtig verstanden habe, die uns evolutionär einen Vorteil verschafften gegen die rasierten Neandertaler:

Der Säugetierkörper hat sich über Millionen von Jahren entwickelt. Überlebensfähigkeiten von Mensch und Tier scheinen manchmal fast übernatürlich. Die Wissenschaft entwickelt ständig neue Entdeckungen über die erstaunlichen Fähigkeiten von Mensch und Tier, um zu überleben. Jeder Teil des Körpers hat eine sehr sensible Arbeit für das Überleben und Wohlbefinden des Körpers als Ganzes. Der Körper hat einen Grund für jeden Teil seiner selbst.[20]

Mehr?

Das Haar ist eine Erweiterung des Nervensystems, es kann korrekt als exteriorisierte Nerven gesehen werden, eine Art hochentwickelter „Fühler“ oder „Antennen“, die große Mengen an wichtigen Informationen an den Hirnstamm, das limbische System und den Neokortex übermitteln.

Nicht nur Haare in Menschen, einschließlich Gesichtsbehaarung bei Männern, bieten eine Informationsautobahn, die das Gehirn erreicht, Haare emittieren auch Energie, die elektromagnetische Energie, die vom Gehirn in die äußere Umgebung emittiert wird. Dies wurde in Kirlian Fotografie gesehen, wenn eine Person mit langen Haaren fotografiert und dann nach dem Schneiden der Haare fotografiert wird.[21]

Was fehlt noch? Sex!

Das Schneiden von Haaren trägt dazu bei, Umweltnot in lokalen Ökosystemen nicht wahrzunehmen. Es trägt auch zur Unempfindlichkeit in Beziehungen aller Art bei und kann zur sexuellen Frustration beitragen.[22]

Die Umweltnot in lokalen Ökosystemen entgeht mir nicht, obwohl ich kurze Haare habe, aber da geht es auch um das Schneiden von Haaren und nicht geschnittene Haare. Ist so ähnlich wie geschnittenes Brot, vermute ich. Etwas teurer als ein Laib und es wird gerne von Rentnern genommen.

Passt.

 

Dein Homo Magi

 

 

Es gibt keine Probleme

 

Hallo Salamander,

 

was teilt „meine“ Gewerkschaft mit:

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt den Beschluss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages bezüglich einer Flaggen-Verordnung. Danach soll die Bundesregierung aufgefordert werden, bis März 2023 eine Verordnung zur Vorschreibung der deutschen Flagge für den Einsatz von Schleppern auf Bundeswasserstraßen sowie auf den seewärtigen Zufahrten in den Häfen vorzulegen.

ver.di hatte bereits lange gefordert, dass auf Schiffen im Hafendienstleistungsbereich, insbesondere für Schlepper die deutsche Flagge verpflichtend vorgeschrieben werden soll. Die Gewerkschaft hatte sich dabei auf die EU-Hafenverordnung berufen, aufgrund derer Staaten in der EU für den Bereich der Hafendienstleistungen eine Flagge vorschreiben können.[23]

Ich bin so beruhigt, dass es für die Gewerkschaft aktuell keine problematischeren Fragen gibt.

 

Dein Homo Magi

 

 

Nosferatu

 

Hallo Salamander,

 

da komme ich endlich dazu, mal in Ruhe „Noseferatu – Eine Symphonie des Grauens“ zu sehen, einen Stummfilm aus dem Jahre 1922.

Da gibt es einen Professor Bulwer, der mich natürlich an Edward Bulwer-Lytton erinnert, den „Erfinder“ des Vril, jener mythischen Substanz, die auch Reichsflugscheiben antreiben soll, wenn man dem Geraune am rechten Rand Glauben schenken will.

Lustig ist, dass viele Aufnahmen in Wismar gedreht wurden (unter dem Namen Wisborg im Film verfremdet). Da sieht es heute genauso aus wie damals (wie ich anhand von Urlaubsreisen belegen kann). Nur das Monster fehlt irgendwie.

Max Schreck als „Monster“ ist unfassbar gut. Der Stummfilm weiß auch heute noch zu fesseln – großartige Kameraführung, tolle Schauspieler, eine straff erzählte Geschichte. Die meisten „Dracula“-Verfilmungen (das Werk beruht auf dieser Vorlage, ohne sie zu nennen) können dagegen nicht anstinken.

Der Film wäre beinahe komplett vernichtet worden:

Noch im Jahr der Uraufführung bemühte sich Bram Stokers Witwe Florence Stoker, gegen die durch die Prana begangene Urheberrechtsverletzung vorzugehen. Sie trat der British Incorporate Society of Authors bei und klagte über einen Anwalt in Berlin gegen die Rechtsnachfolger der Prana. Ein Vergleich, in dem Stoker 5000 Pfund für die Rechte forderte, kam nicht zustande. Im Juli 1925 entschied das Berliner Gericht letztinstanzlich, dass das komplette Filmmaterial inklusive aller Kopien von Nosferatu zu vernichten seien. Die Film Society in London plante trotz dieser Gerichtsentscheidung die Aufführung einer in England befindlichen Kopie, wogegen Florence Stoker einschritt. Es gelang jedoch, die Kopie vor der Vernichtung zu verbergen. Als vier Jahre später die Film Society erneut einen Anlauf unternahm, den Film zu zeigen, setzte sich Florence Stoker durch und die Kopie wurde vernichtet.[24]

Glück gehabt. Es blieben Kopien übrig. Das verschaffte mir einen schönen Abend im Kolorit der 20er Jahre – und mystisch deutlich unterhaltener als bei vielen modernen Alternativen.

 

Dein Homo Magi

 

 

Weida

 

Lieber Salamander,

Max Schreck als Nosferatu

da lese ich in der okkultistisch normalerweise unverfänglichen „Süddeutschen Zeitung“ einen Artikel über das Jubiläum das Films „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“. Es ging auch um Albin Grau, den künstlerischen Leiter des Films.

Bei dem Film war er verantwortlich für die okkulten Zeichen auf dem Schreiben an den Häusermakler Knock. Dieser Brief ist voll mit magischen Symbolen (siehe rechts).

Grau war selbst Okkultist:

Auf der Weida-Konferenz lernte Grau 1925 den britischen Okkultisten Aleister Crowley kennen. Nachdem Grau 1925 einen Dokumentarfilm über den Deutschlandaufenthalt Crowleys gedreht hatte, zog er sich aus dem Filmgeschäft zurück und widmete sich fortan okkulten Studien. Um 1925 war er als „Frater Pacitius“ Leiter der Berliner Loge der Pansophia und Mitarbeiter der Fraternitas-Saturni-Zeitschrift Saturn Gnosis, die von dem Buchhändler Gregor A. Gregorius herausgegeben wurde, und für die er bis Anfang der 1930er Jahre Artikel schrieb.[25]

Die Konferenz musste ich selbst nachlesen:

Auf der sogenannten Weida-Konferenz trafen sich im August 1925 okkulte Gruppen und Personen im thüringischen Hohenleuben bei Weida, um Aleister Crowley zum Chefmagus (auch „Weltheiland“) der deutschen okkulten Gruppen zu bestimmen.

Anwesend waren unter anderem Mitglieder der Pansophischen Gesellschaft wie Heinrich Tränker, seine Frau Helene, Albin Grau, Eugen Grosche sowie Karl Germer, Leah Hirsig, Martha Küntzel, Norman Mudd und Aleister Crowley selbst. Für die Reisekosten Crowleys kam das vermögende Pansophia-Mitglied Karl Germer auf, der später ein treuer Anhänger und Geldgeber Crowleys wurde.

Auf der Konferenz legte Crowley seine Lehre (Thelema) dar. Doch stieß er auf Widerstand von vereinzelten Gruppen und Personen, die sich nicht nur gegen ihn richteten, sondern auch gegen seine Lehren, insbesondere die der Sexualmagie. Schließlich einigte man sich auf das Bekenntnis:

„Der Lehrer der Welt, dessen Erscheinen für dieses Jahr verkündet war, den alle wahren Sucher – und besonders diejenigen der Theosophischen Gesellschaft – erwartet haben, ist zur bestimmten Zeit in der Person des Meisters To Mega Therion [d.i. Crowley] erschienen.

Wir Unterzeichneten haben mit eigenen Augen gesehen und mit eigenen Ohren gehört, und wir wissen, ohne Lügen gewiss, dass er in Wahrheit der Überbringer des Wortes ist, nach dem die Seele der Menschheit dürstete.“

(…) Im Verlauf der Konferenz spaltete sich die Pansophische Gesellschaft, wodurch unter anderem 1928 die Fraternitas Saturni hervorging. Sie wurde von Eugen Grosche geleitet und stützt sich noch heute auf die Lehre von Crowley.[26]

Das Thema Weida-Konferenz … wieder eine Lücke in meinem okkulten Wissen geschlossen – und nur, weil ich mich mit einem brillanten Stummfilm (nämlich „Nosferatu“) beschäftigt habe.

 

Der Erkenntnis ist es egal, wie du sie erlangst.

 

Dein Homo Magi


 

Schulanfang

 

Lieber Salamander,

 

die Rauhnächte enden und die Menschen werden sich wieder ihrer Sterblichkeit bewusst. Anders kann ich mir den Versuch nicht erklären, sich mit Gewalt selbst aus dem Gen-Pool zu entfernen, wenn die Schule wieder angefangen hat.

Da mache ich mich morgens schon vorsichtig auf den Weg, weil ich weiß, dass bei den meisten Menschen nach zwei Wochen Ferien die Frontallappen gelöscht werden. Doch ich bin kaum dreißig Meter gefahren, da springt mir die erste Frau (schwarz gekleidet, kaum zu sehen) vor das Auto. Offensichtlich ist sie einer Mülltonne ausgewichen, die als klassisches Hindernis auf dem Bürgersteig stand. Ohne sich umzublicken einfach mit einem gekonnten „side step“ vor mein Auto gehüpft. Gekonnt gemacht. Nur meine langsame Fahrweise verhinderte, dass der schwarze Fleck vor mir zu einem schwarzen Fleck unter mir wurde.

Noch langsamer fuhr ich also um die Ecke. Nieselregen, schlechte Sicht, das mahnt zur Vorsicht. Das nächste Objekt der Behinderung kam fünfzig Meter später. Die Frau beugte sich mit einem Mobiltelefon am Ohr in ihr unbeleuchtetes Auto, um – während sie wild in das Mobiltelefon sprach – ihr Kind anzuschnallen. Die Türbeleuchtung war defekt, der Wagen dunkel, das Mobiltelefon verdeckt und sie hatte sich passend in braun-braune Kleidung gehüllt. Aber im Scheinwerferlicht sah ich noch rechtzeitig die offene Tür, so dass ich beim Vorbeifahren die restlichen Elemente der Blockade-Kombo identifizieren konnte – samt des in die Fahrbahns gestreckten Hinterteils der Mutter.

Hundert Meter weiter: zwei Fahrrad fahrende Schüler ohne Licht, ohne Leuchtstreifen, ohne Überlebenswillen. Wie gut muss ich mein Kind in der Sterbekasse versichert wissen, dass es sich lohnt, es verdunkelt in die Morgenstunden zu schicken? Fürchten wir uns schon vor Bombenangriffen, so dass wir die Häuser und die Straße verdunkeln müssen? Stromsparen mal anders, auch beim Fahrrad-Dynamo, der keinen Fremdstrom verbraucht, aber sicherlich bei der Herstellung Energie gekostet hat und daher weniger abnutzt, wenn man ihn nicht benutzt.

Als dann das unbeleuchtete SUV auf der Gegenfahrbahn auf meine Fahrspur wechselte, weil die Fahrerin am Telefonieren war und keine Zeit hatte, auf den Verkehr zu achten, war mein Tagesmotto schon klar: Die Zombie-Invasion ist da, nur ganz anders, als ich vermutet habe. Aber es hat mich keiner gebissen und ich habe keinen gerammt. Kleine Erfolge im neuen Jahr müssen gewürdigt werden.

 

Dein Homo Magi


 

Nus a dhabjon dhuilsha

 

Hallo Salamander,

 

ich dachte eigentlich, dass ich eine gute Grundbildung zu Esoterik und benachbarten Gebieten in Europa besitze. Dann war ich aber doch überrascht, als ich feststellte, dass es in Europa eine mir völlig unbekannte Sprache gibt, der man nicht nur eine Verbindung zu Zigeunern nachsagt, sondern auch mystische Wurzeln.

„Nus a dhabjon dhuilsha“ heißt wohl „Gott segne dich“ – in Shelta Thari.[27] Klingt eigenartig, ist aber ein Zitat aus einer Sprache, die schon lange in Europa gesprochen wird.

Shelta Thari (oder auch Shelta) hat eine eigenartige Geschichte:

Shelta (…)is a language spoken by Rilantu Mincéirí (Irish Travellers), particularly in Ireland and the United Kingdom. It is widely known as the Cant, to its native speakers in Ireland as De Gammon, and to the linguistic community as Shelta. It was often used as a cryptolect to exclude outsiders from comprehending conversations between Travellers (…). The exact number of native speakers is hard to determine (…) but Ethnologue puts the number of speakers at 30,000 in the UK, 6,000 in Ireland, and 50,000 in the US. (…)

Linguistically Shelta is today seen as a mixed language that stems from a community of travelling people in Ireland that was originally predominantly Irish-speaking. (…) The Oxford Companion to the English Language puts it at 2,000–3,000 words.[28]

Es handelt sich dabei um eine Geheimsprache:

Shelta is a secret language. Travellers do not like to share the language with outsiders, named „Buffers“, or non-travellers. When speaking Shelta in front of Buffers, Travellers will disguise the structure so as to make it seem like they aren't speaking Shelta at all.[29]

Eine geheime Sprache von Reisenden … wow, das ist doch mal eine gute Idee. Und gute Ideen führen dazu, dass man sie weiter ausspinnt und benutzt. So gibt es auch einen Fantasy-Bezug, nämlich zu den „Amber“-Romanen von Roger Zelazny:


 

Zelazny wrote that the language spoken in Amber is called „Thari“. This likely is a reference to the secret language of the Irish Travellers (…), known sometimes as „Shelta Thari“. (…) The mythology of Amber is syncretic fantasy, but often draws on Celtic roots -- thus he chose this as the universal mother tongue.[30]

Wieder was gelernt.

 

Dein Homo Magi

 

 

Der lange Winter

 

Hallo Salamander,

 

dieser Winter will nicht vorbeigehen. Krieg und Kälte, die beiden großen K, sind Urängste des Menschen. Und natürlich liegt eine bleierne Angst über den Menschen, wenn diese beiden großen, alten Gegner wieder auftauchen.

Noch fallen hier keine Heizungen aus, noch stehen keine russischen Panzer vor Idar-Oberstein. Aber wenn man sich die Wortwahl in den Medien anhört, dann ist dies – genauso wie ein großer „blackout“ – täglich zu erwarten. Wir werden alle zu Panzer-Fachleuten, wissen um die geplante russische Frühjahrsoffensive und überlegen, wie wir im Falle einer Katastrophe heizen. Ich vermute: wir heizen dann überhaupt nicht, weil wir tot sind. Aber den Schrecken von Nuklearwaffen in den Händen der Russen jetzt noch in die argumentative Waagschale zu werfen dürfte keine gute Idee sein.

Komischerweise fallen auch die Magier aus. Natürlich gibt es Berge von Esoterikern, die brillante Antworten haben – die hatten sie schon immer. Aber es ist einfacher, Hilfe anzubieten, wenn das Problem banal ist. Und ich meine das „banal“ gar nicht abwertend, sondern banal gegenüber den Ängsten, die jetzt aus dem Schatten kommen. Wer clever ist, verkauft Heizlüfter (die ohne Strom auch nicht laufen), Kamine und Brennholz, bietet online Omas Rezepte für Kriegskocher an oder verkauft legale oder halblegale Waffen, die man beim Zusammenbrechen der Ordnung benutzen muss, um sich und die Seinen zu retten.

Grotesk.

Was erwarte ich? Antworten. Auf die christliche Kirche bauen seit Corona und dem „shut down“ der Seelsorge immer weniger Menschen. In diese Lücke könnten Heiden springen, unterlassen es aber, weil sie den Wert von Gemeinschaft und Geselligkeit nicht erkannt haben, der doch Basis jeder Glaubensgemeinschaft ist.

Online kann man schwer Mut machen, da muss man Menschen sehen und berühren, um ihnen zu helfen. Wir treffen uns in unserem kleinen Kreis weiter, trinken, reden, feiern und vermitteln ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Ich glaube, dass das der richtige (und einzige) Weg ist.

Wollen wir hoffen, dass auch andere ihn gehen. Bald.

 

Dein Homo Magi

 

 

Karten

 

Hallo Salamander,

 

vielleicht sollte ich mir ein zweites Standbein aufbauen. Meine Haut noch oliver färben, meine grauwerdenden Haare rabenschwarz, das Ohrloch reaktivieren und mit einem goldenen Ring füllen. Dann könnte ich in absoluter, gefühlter kultureller Aneignung als Zigeunerkartenleger einen Laden aufmachen, um damit meine Talente in Goldbarren zu verwandeln.

Kein Scherz: Mein zweites Kartenseminar lief gut, und obwohl ich mit Skat-Karten und zum Teil unerträglich bunten Tarot-Karten gearbeitet habe, war die Testgruppe sehr zufrieden und es erbrachte Ergebnisse. Sogar mein gerne verwendeter Blind-Test (ich kenne die Frage nicht und sage nur, was mir die Karten sagen – nach einem System, das ich vorher erklärt habe) hat funktioniert.

Aber mir mangelt es an drei Grundvoraussetzungen, um damit reich zu werden.

Erstens mangelt es mir an Gier. Ich habe keine Schwierigkeiten, Geld zu nehmen für meine Tätigkeiten, aber im letzten Fall habe ich den Erwerb einem Kinderfond gespendet. Irgendwie erscheint es mir als schofel, meine Gaben so zu Geld zu machen. Da müsste ich mir einen Rahmen überlegen, der ein Gewerbe einschließt, und schon wird es schwierig.

Zweitens bin ich nicht willens, mich in eine kulturelle Nische zu begeben, nur um mit dem Talent ernst genommen zu werden. Ich gebe gerne zu, dass der Hesse nicht unbedingt mit Kartenlegen in Verbindung gebracht wird. Aber ich könnte die Familienherkunft aus dem waldig-dunklen Wittgenstein aktivieren und versuchen, hier einen Zusammenhang herzustellen. Vielleicht über eine Grimm-sche Erklärung, das schon lange an den Quellen Wittgensteins Magie geübt wurde und noch heute treffen sich die Ureinwohner in verborgenen Hainen, um dort … nein, wenig glaubhaft. Die keltische Herkunft vieler Orte dort ist zwar belegt, aber die Kelten hatten keine Spielkarten oder gar Orakel-Karten. Da müsste ich echt noch einmal nachbessern, vielleicht mit verstorbenen Magiern, die mir im Schlaf erscheinen, oder einer Familientradition, die ich in mir wiederentdeckt habe. Wird auch schwierig.

Drittens ist es schwer damit zu leben, dass man Leuten die Zukunft vorhersagt. Nicht alles, was man sieht, ist schön. Da ist das Gruppen-Angebot ein Hemmschuh, weil man nicht erklären und auffangen kann, wie man gerne möchte. Aber in diesem Rahmen bleibt die Hoffnung, dass man Menschen hilft. Und wenn ich die Rückmeldungen richtig ausgewertet habe, dann ist das gelungen.

Sicherlich ist das am Ende die Motivation, die mich am Laufen hält. Etwas von dem zurückgeben, was mir gegeben (und zwar nicht in den Wäldern Wittgensteins).

 

Dein Homo Magi

 

 

Arbeitslose Geister

 

Hallo Salamander,

 

manchmal wundert man sich über magische Bezüge an Orten, wo man sie nicht vermutet hat. Bei „Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch“ von Marie Jahoda, Paul F. Lazarsfeld, Hans Zeisel[31] handelt es sich um eine „erstmals 1933 veröffentlichte Arbeit“[32], um einen „Grund- und Begründungstext soziographischer Forschung“[33].

Dort heißt es in einem der beschriebenen Protokolle von Interviews in einem Arbeiterheim:

Ein älterer Mann erzählt von der guten alten Zeit, da gab’s noch zu essen und zu trinken. Dann erzählt er noch weiter: als er noch jung war, da ist er jede Nacht mit seinem Kollege wildern gegangen. Oft brauchten sie nicht einmal einen Stutzen dazu, denn die Hasen liefen ihnen zwischen die Füße, und sie brauchten nur die Füße zusammenpressen und der Hase war gefangen. Ein größeres Gelächter entstand, als er erzählte, wie ihm einmal ein Geist erschien. Er wollte auf die Gestalt losstürzen, aber sie ist ihm durch die Hände geschlüpft; seit diesem Tag hat er nicht mehr gewildert.[34]

Das ist keine 100 Jahre her und schon erreichen wir das Land der Märchen und Mythen. Was haben wir in dieser Zeit nur alles verloren … und erst jetzt, in meiner Generation, spürt man diesen Verlust und versucht, ihn wieder auszugleichen.

Verlorene Zeit, die wir so nicht wiederbekommen werden. Aber um sie zu trauern bringt auch nichts, wir können nur versuchen, diese magische Weltsicht zum Teil wieder zu schaffen oder gar zu beleben.

Eine Aufgabe, der ich mich gerne stelle.

 

Dein Homo Magi

 

 

Procol Harum

 

Hallo Salamander,

 

da hört man im Auto mal so eben nebenher Procol Harum mit „The Wrack of the Hesperus“ und verharrt überrascht bei den ersten Zeilen:

We’ll hoist a hand, becalmed upon a troubled sea

„Make haste to your funeral,“ cries the Valkyrie

We’ll hoist a hand or drown amidst this stormy sea

„Here lies a coffin,“ cries the cemetery, it calls to me.[35]

Ein Verweis auf die nordische Mythologie in einem Pop-Hit? Ich war verwirrt, kam mir der Titel des Liedes doch bekannt vor (ohne dass mir jemals Bezüge zu Walküren aufgefallen wären).

Im Original des Gedichts von Henry Wadsworth Longfellow sind der Anfang (und der Rest) völlig anders:

It was the schooner Hesperus,

That sailed the wintry sea;

And the skipper had taken his little daughter,

To bear him company.[36]

Kein Wunder, dass ich mir das beim Lesen vor vielen Jahrzehnten nicht aufgefallen ist. Zur allgemeinen Verwirrung kann man jetzt noch die Version von George Harrison heranziehen:


 

I’m not the wreck of the Hesperus

Feel more like the Wall of China

Getting old as Methuselah

Feel tall as the Eiffel Tower[37]

Ein Gedichttitel, den jeder frei interpretieren kann? Eine Art Longfellow-Bergwerk, dessen Schnipsel und Bezüge jedem klar sind, so dass man auch Walküren drin verstecken kann?

Das scheint in diesem Falle Procol Harum einfacher zu fallen als uns deutschsprachigen Heiden. Eigenartig …

 

Dein Homo Magi

 

 

Schreiende Nachbarn

 

Guten Morgen Salamander,

 

wir wohnen ja jetzt neben einem Wohnpark für Irrsinnige, oder eher einer Geisteskrankenbewahranstalt mit sehr lockeren Regeln und einer eher freizügigen Rahmengestaltung für die „Insassen“. Sicherlich ist das für die Klientel die richtige Behandlung und wir sind ihnen dankbar, weil sie auch auf unser Haus aufpassen.

Zwischen uns und dem Nachbargrundstück hat man wenige Tage, nachdem wir eingezogen sind (das Haus stand leer) einen Sichtschutz eingebaut. Daher kennen wir nur die Stimmen der Mitarbeiter und Insassen, was Trennung und Zuordnung manchmal schwer macht. Zwei Stimmen von „Bewohnern“ lassen sich aber klar identifizieren. Der eine spricht in einer offensichtlich vor-menschlichen Sprache, ein wenig wie das Biest in der „Muppet Show“ – rauhe, kehlige Laute, die leider unverständlich bleiben müssen. Der andere hat einen Sichtkanal zu unserem Autostellplatz (hier reichte wohl das Geld für einen Sichtschutz nicht mehr), so dass er sehen kann, wann ich von der Arbeit komme oder zur Arbeit gehe.

Die Kommunikation mit ihm ist schwierig, auch wenn ich mir vorgenommen habe, höflich zu bleiben. Aber wie beantwortet man Startfragen wie:

„Ja, ich habe meine ganze Familie umgebracht. Aber ist das ein Grund, jetzt noch sauer zu sein?“

„Hören Sie doch auf, mein Blut zu trinken. Sie müssten doch längst satt sein.“

„Ich weiß, dass man mich hier mit Medikamenten ruhig stellt, damit ich meine Geschichte nicht erzähle.“

„Können Sie mir helfen? Ich möchte ein Bier.“

Die letzte Frage wäre am einfachsten zu bearbeiten, lässt auch auf das grundlegende Problem der Gegenseite ein helles Licht scheinen, aber sie widerstrebt in der Bearbeitung meinem sozialarbeiterischen Kodex. Als jetzt der Nachbar aber anfing, mit Butterkekspackungen nach unserem Auto zu werfen, musste ich mal einschreiten. Ich stellte mich auf Zehenspitzen an den Rand des Blumenbeets, denn dann kann man den Besprechungsraum des Bewacher-Teams auf der anderen Seite sehen. Vom Lärm her wusste ich, dass Raucherpause war. Also nahm ich sprachlich Kontakt auf, was sie sehr verwirrte. Aber sie konnten ja zu der Stimme nach einer Weile herumirren zumindest meine Stirn sehen, von daher dürften sie ab da eigentlich nicht überrascht sein. Ich schilderte mein Butterkeks-Anliegen, man versprach Abhilfe. Dann zog ich mich mit den Worten „ich mache mich jetzt wieder unsichtbar“ vom Rand des Blumenbeets und damit aus ihrer Sicht zurück.

Zwei Minuten verblüffte Stille. Und seitdem keine Wurfaktionen mehr. Man muss mit kleinen Dingen … und so weiter.

 

Dein Homo Magi

 

 

Tolkien ist böse

 

Hallo Salamander,

 

da war ich schon irritiert, als ich las, dass die Briten im Rahmen des „Prevent’s Research Information and Communications Unit (RICU)“ vor Texten gewarnt haben, die beim Leser auf eine rechtsextreme Einstellung schließen lassen:

The taxpayer-funded document included references to The Lord Of The Rings by JRR Tolkien, Aldous Huxley’s Brave New World, Joseph Conrad’s The Secret Agent, 1984 by George Orwell and the poems of GK Chesterton. It also referenced films including The Bridge On The River Kwai, The Great Escape and Zulu.

Works by some of the world’s greatest writers were included as examples of warning signs of potential extremism, including Shakespeare, Chaucer, Milton, Tennyson, Kipling and Edmund Burke.[38]

„1984“ und „Der Herr der Ringe“ sind also gefährlich, als Zeichen von Extremismus neben Kipling und Chesterton.

Ebenfalls auf der Liste sind u.a.[39]:

Beowulf

The Complete Works of William Shakespeare

Paradise lost

The Bridge on the river Kwai

Tinker Tailor Soldier Spy

Langsam muss ich mich fragen, was mein Lesevergnügen über meine politische Einstellung sagt – zumindest, wenn man den Briten hier glaubt. Sollte man aber nicht.

Und ich hoffe, dass ihnen Chesterton im Schlaf erscheint und ihnen den Arsch versohlt.

 

Dein Homo Magi

 

 

40 Jahre THOR

 

Hallo Salamander,

 

vor 40 Jahren startete Thor. Aber es geht nicht um eine Marvel-Verfilmung, die dir entgangen sein könnte, sondern um das Projekt THOR alias „Tactical Helicopter Offensive Response.“[40]

Noch einmal, es geht nicht um Marvel, aber trotzdem um einen Film: „Blue Thunder“ alias „Das fliegende Auge“. Heise Online widmet dem Jubiläum einen netten Artikel:

Am 5. Februar 1983 startet „Das fliegende Auge“ im Kino. Der Actionfilm um einen bewaffneten Hightech-Hubschrauber will vor staatlicher Überwachung warnen.

In „Blue Thunder“ wird der Hubschrauber-Polizist Frank Murphy aus Los Angeles eingeladen, einen Prototyp zu testen. Ein fliegendes Elektronik-Labor. Es beherrscht Kunststücke, die man noch nicht auf der Kinoleinwand gesehen hat. Eine Bord-Kanone, die sich synchron mit dem Helm bewegt. Zielerfassung. Nachtsicht. Röntgen-Augen, die Umrisse von Personen durch Wände hindurch sehen. Hochleistungs-Ohren, die deren Gespräche abhören und aufzeichnen. Einen Flüster-Modus. Zugriff auf Computer-Datenbanken. Und ein Mobiltelefon.[41]

Mir ist der Film in Erinnerung, aber diese Erinnerung reißt mich nicht vom Stuhl. Action der 80er, ein wenig politisch, viele Flugszenen. War nettes Popcorn-Kino, aber noch einmal würde ich mir den wohl kaum antun.

Aber: Warum der Donnergott dem Projekt seinen Namen gibt, wird mir aus dem Film (soweit ich mich daran erinnern kann) und den Artikeln dazu nicht klar. Eine geheime Werbung für die nordischen Götter verbirgt sich wohl nicht daher, wohl eher ein wohlklingendes Akronym für irgendetwas, das fliegt und einen hellen Scheinwerfer hat, so eine Art Helikopter-Blitz. Hm, klingt nicht wirklich überzeugend. So wie auch der Film nicht überzeugt hat – aber ehrlich, vor 40 Jahren ist mir das mit Thor entgangen. Da war ich auch erst 7. Okay, gelogen.

 

Dein Homo Magi

 

 

Mondläufe

 

Hallo Salamander,

 

ab und an lasse ich mich mal von einer (wie du lesen wirst: schlechten) Astrologin (es sind nie Männer) dazu überreden, mein Geburtsdatum herauszugeben. Man wolle und so weiter. Ich nicke dann immer nett und gebe Geburtsdatum und -ort heraus. Ist beides kein Geheimnis, steht auf meiner Internet-Seite online[42] und ich rücke die Information in Hoffnung auf Geschenke auch jederzeit heraus.

Nach der genauen Zeit gefragt, erwidere ich 11:11 Uhr. Das stimmt oder stimmt nicht, aber der Humor meines Vaters (der mir die Zeit irgendwann übermittelt hat) lässt beides zu. Dann passiert immer dasselbe: Schnell rechnet die entsprechende Astrologin punktgenau alle Einflüsse von Planeten, Monden, Kometen, Planetoiden, Galaxien, Sonnen, Nebeln und russischen Satelliten aus und erklärt mir (überraschend für mich) dass ich Sternzeichen Fisch bin. Dazu kommen dann weitere Informationen, weil punktgenau der Merkur gerade zu meiner Geburt im 8. Haus stand oder Pluto im Garten einen Knochen gesucht hat, als ich geboren wurde.

Ich nicke fröhlich und lächele.

Der Mondkalender und der Sonnenkalender weichen voneinander ab. Das ist nicht nur Astrologen bekannt. Ich bin zu einem Mondkalendertermin geboren, am Rosenmontag. Daher der Witz mit der Uhrzeit und dem Start des Karnevalsumzugs (der in meiner Heimat nicht losfuhr und daher nie ankam). Das ist noch nie einer der Astrologinnen aufgefallen.

Also lächele ich, bedanke mich und gehe pfeifend davon, während ich damit leben muss, dass Saturn vielleicht doch woanders stand, als ich geboren wurde – oder auch nicht.

Wie sang Markus schon vor Jahrzehnten: „Ich trau‘ den Sternen / jede Schandtat zu.“[43]

 

Dein Homo Magi

 

 

Windzeit, Wolfszeit

 

Hallo Salamander,

 

Ich lese gerade die „Silver John“-Romane von Manly Wade Wellmann. Nette Romane mit einer Art okkulten Detektiv, der aber gar kein Detektiv ist, sondern ein reisender Barde. Das alles spielt in Nordamerika, ich würde sagen, in den 70er Jahren. Leider existiert keine deutsche Übersetzung.

Der zuletzt gelesene Roman, „The hanging stones“, stammt von 1982. Das passt zur geratenen Handlungszeit und der beschriebenen Welt. Meine Jugend … komisch, das heute im Abstand von über 40 Jahren zu lesen, aber damals ist mir das entgangen.

Silver John, der seinen Namen trägt, weil er immer eine Gitarre mit silbernen Saiten bei sich trägt, gerät in eine eigenartige Geschichte, bei der es auch um einen Stonehenge-Nachbau in den USA geht – daher der Titel mit den hängenden Steinen. Dabei gerät er nicht nur mit New Age-Magiern in Konflikt, sondern auch mit einer Gruppe Werwölfe, welche vom Bau der Stonehenge-Kopie in ihrem zurückgezogenen Leben gestört wird. Nicht darüber nachdenken … es kommt auf jeden Fall zu einer Konfrontation zwischen dem Anführer der Werwölfe und Silver John. Und der Werwolf zitiert sehr schön aus der „Edda“:

„Wind-age, wolf-age,“ he scraped at me.

I’d heard these words said before, heard them quoted by a professor at Flornoy College, who’d said that they were from something called the Elder Edda, the part that told of how the world would sort of drop to its end.[44]

Hätte ich das vor 40 gewusst … hätte ich wohl auch nicht nach der „Edda“ gesucht. Aber mir fallen immer wieder Stücke in die Hände, die belegen, dass die nordische Mythologie als Grundstrom der Überlieferung durch die Fantasy/Phantastik mäanderte. Schön, wenn man so Stücke unerwartet heute wieder findet.

 

Dein Homo Magi

 

 

Kommunikationsausfall

 

Hallo Salamander,

 

da war ich (wieder einmal) mit dem Zug unterwegs. Und natürlich ging wieder etwas schief. Dieses Mal waren es keine spielenden Kinder im Gleisbett oder fehlendes Personal, sondern die Internet-Angebote der Bahn fielen komplett aus. Also keine Online-Buchungen verfügbar, aber genauso wenig konnte man auf die aktuellen Informationen zugreifen, was Verspätungen, Wagenreihenfolge etc. betraf.

Auf den Bahnsteigen teilte sich das Informationsdefizit nach dem Alter der Betroffenen. Alle Kunden unter 45 waren damit beschäftigt, erst ihre Mobiltelefone in den Wind zu halten, um vielleicht doch noch Netz zu finden. Das Ritual war schön, aber nicht hilfreich. Danach begann man sich unsicher wispernd auszutauschen.

„Haben Sie Netz?“

„Weiß man schon, wie lange das dauert?“

Keiner opferte dem Gott des Internets, aber wenn man das durch Vertrauenspersonen als hilfreich angeboten hätte, wären bestimmt einige Leichenteile in den Metalltonnen gelandet.

Die ältere Gruppe der Reisenden erinnerte sich daran, dass die Bahn schon vor Jahren (oder Jahrzehnten) selbst organisatorisch im Kaiserreich stehen geblieben war, was ihre Innovationsfreude betraf. Man musste sich einfach nur umorientieren und mental in die Tage der Kindheit zurückkehren: Die Zuganzeigen am Gleis gingen noch, an ihnen konnte man alle notwendige Informationen ablesen: Wagenreihung (okay, nur die Verteilung 1. und 2. Klasse, nicht die Wagennummer), Ankunftszeit, Informationen zu vermutlichen Verspätungen und sogar der Hinweis, dass die Internetpräsenz ausgefallen ist. An einigen Umsteigeplätzen hingen sogar noch die alten Pläne mit der Wagenreihung aus (die sonst nur noch online verfügbar sind), so dass ich wusste, wo mein Wagen wahrscheinlich zum Stehen kommt.

Und im Zug fragt man halt den Schaffner, wie es beim Umsteigen weiter geht – oder auch nicht weiter geht.

Alles so wie früher. Irgendwie retro in einer Welt, in der von der Musik bis zu Film und Mode vieles retro ist, nur nicht die wichtigen Dinge, nämlich die Informationen. Denn auf diese sind wir angewiesen.

 

Dein Homo Magi

 

 

Zeitqualität

 

Hallo Salamander,

 

ein paar Überlegungen zur Zeitqualität kann ich bieten:

 

Es gibt eine Ebene, auf der wir geboren werden und sterben. Hier trinken wir am Lagerfeuer, küssen uns unter dem Licht des Mondes und schauen dem Freund ins Auge, wenn wir ihm unangenehme Dinge sagen.

Diese Ebene ist die echte Welt. Jene, die dort leben, nennen wir sterbliche Menschen.

 

Es gibt eine Ebene, auf der manche Tiere sprechen können, magische Gegenstände Macht verleihen und wo an manchen Orten die Sonne nie auf- oder untergeht. Hier sitzen Götter in ihren Burgen, hier bedrohen Riesen die Ordnung der Welt und hier wird über das Schicksal des Kosmos entschieden.

Dies sind die anderen Welten. Jene, die dort leben, nennen wir Zwerge, Elben, Götter, Monster, Riesen und bei tausend anderen Namen.

 

Es gibt eine Ebene, auf der elektronische Mitteilungen versandt, Bilder weiterverbreitet und Dinge angeblich nie vergessen werden. Hier ist der geschriebene Text wichtiger als das gesprochene Wort, das versandte Bild wichtiger als die eigene Erinnerung.

Dies ist die Welt der sozialen Medien. Jene, die dort leben, können per Definition weder sterbliche Menschen noch Zwerge, Elben, Götter, Monster oder Riesen sein.

Warum dieser Ebene so viel Aufmerksamkeit gezollt wird, bleibt jenen zwingend unklar, die mit beiden Füßen auf irgendwelchen der neun Welten stehen. Denn auf dieser Ebene wirken keine Götter, schwören keine Sterblichen und reden keine Freunde. Diese Ebene ist bestenfalls Spiegelbild, oftmals Zerrspiegel der Welt.

Wer sich dort bewegt, verliert sich manchmal im bunten Glimmer der Zerrbilder, im schnellen Erfolg des freundschaftlichen Klicks und der Geschwindigkeit der Antworten.

 

Drei Sekunden brauchen Menschen für eine Nachricht in den sozialen Medien.

Neun Tage hing Odin im Baum, um Weisheit zu erlangen.

Jeder muss selbst entscheiden, welchen Weg er geht.

 

Dein Homo Magi

 

 

Nach Corona

 

Hallo Salamander,

 

bei manchen Mitmenschen habe ich den Eindruck, dass ihre Ängste in Corona geschlafen haben, um jetzt – gemeinsam mit dem Frühlingserwachen – wiedererweckt zu werden. Und als Sahnehäubchen kommen dann neue Ängste hinzu: Die Angst vor einer Seuche, die Angst vor einer Medizin, die uns betrogen hat, die Angst vor einer Regierung, die uns im Stich gelassen hat.

Ein seltsamer Cocktail aus Verschwörungstheorien, Ur-Ängsten und Esoterik. Letzteres trifft zumindest zu, wenn man sich mit der Meta-Ebene der Impfdiskussion beschäftigt. Es geht um Heilung und den fehlenden Glauben in diejenigen, die uns institutionell organisiert heilen sollen. Das erstreckt sich nicht nur auf Corona, sondern auf die Umwelt, das Klima, die Inflation und alles andere, was gerade durch die Medien wabert.

Man sieht in den Straßen wieder die Zeugen Jehovas, die als Indikatoren der Angst gut geeignet sind, das alles abzubilden. Sie tauchen nur in Mengen auf, wenn sie Rückmeldungen kriegen, dass sie gebraucht werden. Sie sind sozusagen der Lackmustest der deutschen Angst, der sich in den Innenstädten an ihren Zeitschriftenständern ablesen lässt, die neben Deutsch und Englisch (so wie früher) jetzt Russisch und Arabisch bieten können. Zielgruppenveränderung der Seelsorge – wohl kaum, eher Kalkulation der Ängste.

Meine Mitmenschen sind aber nicht in den Bereichen der Esoterik angekommen, wo ich „ernsthafte Angebote“ verorte. Wir kehren auch nicht in Menge zu den „alten Wegen“ zurück, wie ich sie als ersten Weg vermuten würde – es gibt kein magisches Besprechen von Wunden, keine Heilung im Ritual, aber auch keine Engelsessenzen gegen Corona (was daran liegen mag, dass die Esoterik-Messen als Keilriemen der esoterischen Produktivität flachlagen).

Angst ist kein guter Ratgeber – und es ist schwer, mit Menschen zu argumentieren, die Angst haben. Magie kann da in der Erwartungshaltung wenig bewirken, weil sie (gefühlt) für viele ein Mittel der späten Renaissance ist, das auf moderne Herausforderungen nicht reagieren kann. Ein Trugschluss, ein schlimmer Fehler gar, der aber in den nächsten Wochen mit Bordmitteln nicht zu „heilen“ ist.

Ich hoffe auf den Frühling, der Urerwartungen in uns weckt und helfen sollte, ein paar der schlimmsten Verirrungen wegzu-sonnen.

Abwarten, kleiner Lurch, abwarten. Wie so oft.

 

Dein Homo Magi

 

 

Brief an einen Zurückgebliebenen

 

Lieber Salamander,

 

Du hast mich gebeten, Dir das Problem mit und um die Riesen zu erklären. Gleich vorab: Niemand wäre dafür ungeeigneter als ich. Es stößt ja schon auf großes Unverständnis in trauter Runde, wenn ich das Konzept für die Kneipe am Kreuzweg erklären will: Eine mit einem lokalen Gravitationsfeld an der Unterseite der Regenbogenbrücke hängende Hyperraumblase, die einem unentdeckt Zugang zu allen neun Welten erlaubt, wenn man vorher das Vertrauen der Kneipenbesatzung erlangt hat.

Aber wir kennen uns zu lange, als dass ich deine Wünsche einfach so abtun könnte. Du warst immer ehrlich zu mir, daher will ich es auch zu dir sein.

 

Drei Dinge gibt es für mich, die das Riesen-Problem zu einem riesigen Problem machen.

Das erste ist die Konzentration auf den Mikrokosmos, die wir in den letzten Jahren erleben müssen. Kein Wunder, dass nach Mikroplastik, unsichtbaren Corona-Erregern, Reststrahlung von Atomkraftwerken und anderen, nur jenseits der optischen Wahrnehmbarkeit beschreibbaren Problemen der Blick nicht gerade für jene geschärft wird, die größer sind als wir und drohend am Horizont stehen. Wir haben metaphysisch gesprochen unsere Lesebrille auf und ignorieren im Blick auf das Kleine die großen Gefahren, deren Umrisse im Augenwinkel zu Nebelschlieren verwischen, wenn wir über das Mikroskop gebeugt sind.

Das zweite ist die Problematik mit der Ambivalenz der Riesen. Viele von ihnen sind doch Partner, Verbündete, Freunde gar zu Göttern. Wer hilft bei der Verteidigung, wer greift an? Wer wird in der letzten Schlacht auf welcher Seite stehen? Wem kann ich trauen oder wo kann ich mir Misstrauen leisten, wenn doch der Schwurbruder des Einäugigen selbst eher Riesen-technisch herausgefordert ist oder um es etwas freundlicher zu sagen: Bestimmte Gottheiten haben ein ungeklärtes Loyalitätsproblem mit den Riesen.

Die Ambivalenz des Riesen macht es schwierig, gleich zu erkennen, mit wem man gerade spricht – Mensch oder Riese? Wer mag das schon sagen, denn nicht jeder Riese ist unansehnlich und/oder doof wie Rübezahl. Wir spüren einen Bedarf nach Hinweisen auf Riesigkeit, auf einen heidnischen Lackmus-Test, der Riesenhaftes daran erkennbar macht, wie das Riesische seinen Kaffee trinkt, wie es pinkelt oder welche Bands der 80er Jahre es bevorzugt. Das wäre für viele Menschen viel einfacher, als sich Gedanken darüber zu machen, ob und wie man gerade be-riest worden ist. Oder um es für dich verständlich zu machen, lieber Salamander: Wir werden lieber be-rieselt als be-riest.

Das dritte Problem ist der Mut. Frage eine Gruppe von Heiden nach der fünften Sumbelrunde, wer jetzt noch Lust hat, nackt mit Äxten bewaffnet und dabei die Titelmelodie von „Heidi“ singend durch die Straßen der Vorstadt zu ziehen, um die Türen von evangelischen Gemeindehäusern zu bepinkeln. Sicherlich gibt es Freiwillige. Die Wikingerbeutezüge wurden wahrscheinlich nach einem ähnlichen Verfahren personell ausgestattet: „Hey Ole, Sven, Lale und die anderen. Wer von euch hat Lust, mal schnell nach Lindisfarne zu rudern und mal so richtig den Frühling anzuplündern?“ Ich rechne damals wie heute mit hohen Quoten der Rekrutierung nach dieser beeindruckenden Ansprache.

Ungleich schwieriger ist es heute, wenn man in sich und anderen den Mut sucht, um einmal eine unbequeme Position zu verteidigen, einmal einen Moment länger mit dem Bier in der Hand an der Bar bei der geilen Halbriesin stehen zu bleiben und mit ihr gesehen zu werden.

Lieber Salamander, Mut spiegelt sich nicht in den Momenten wieder, in denen wir Ort, Zeit und Gegner einer Auseinandersetzung selbst bestimmen dürfen. Mut zeigt sich da, wo wir nicht alle Aspekte unter Kontrolle haben und deswegen uns in etwas einlassen, dessen Konsequenzen wir nicht überblicken können. Mut eben.

 

Verzeihe, dass ich mich so lange gefasst habe, um dir etwas so einfaches zu erklären wie das Ding mit den Riesen. Aber ich bin dir dankbar für die Frage, denn hier gilt wie so oft: Es musste einmal gesagt werden.

 

Dein Homo Magi (nach Diktat verreist)


 

Einhörner

 

Hallo Salamander,

 

als Rezensionsexemplar bekam ich „Das letzte Einhorn“ von Peter S. Beagle in einer gediegenen, neuen Ausgabe der Hobbit Presse. Ein wunderschön aufgemachtes Buch mit einem tollen Titelbild, dazu ein Vorwort von Patrick Rothfuss.

Das Vorwort habe ich gelesen, das Buch kannte ich schon. Obwohl das Vorwort keine Verweise auf den Inhalt gibt, war mir sofort wieder alles präsent, was das Buch zu bieten hat. Und dann habe ich es nicht gelesen, weil vor meinem inneren Auge alles wieder da war. Sogar der Moment, wo ich meine Ausgabe gekauft habe. Vor 40 Jahren, auf einem Mittelaltermarkt (damals hieß das noch nicht so, egal). Ich habe voller Begeisterung die Stände durchstöbert, ein Indien-Hemd gekauft (das mir viele Jahre als Gewandung im Fantasy-Verein dienen sollte), das erste Mal in meinem Leben Hannes Wader live gehört und dann eben auch mein „Das letzte Einhorn“ gekauft.

Definitiv eine illegale Ausgabe. Ohne Verlagsangaben, billig gemacht, der Umschlag fiel schon damals fast auseinander. Aber ich habe es verschlungen, in mich aufgesogen. Und es steht auch heute noch in meinem Regal, über zehn Umzüge später.

Ich konnte das wunderschöne Buch der Hobbit Presse nicht behalten. Es war toll, aber eben nicht mein letztes Einhorn. Das steht hier und erinnert mich immer wieder an jenen einen Tag im Sommer vor 40 Jahren, an dem so viel passiert ist.

 

Dein Homo Magi

 

 

Auto-Versicherungen

 

Hallo Salamander,

 

jeden Tag auf der Straße werde ich Zeuge der Evolution. Oder genauer gesagt: Man beweist mir jeden Tag, dass wir als Gattung eigentlich zum Untergang verdammt sind.

Ich will nicht das Fass aufmachen, ob es klug ist, über die menschgemachte Klimaveränderung zu reden. Wir sind zu viele, produzieren zu viel Müll, verbrauchen zu viel Müll und gehen mit den Ressourcen der Erde sorglos um. Das sind Fakten, und wenn wir länger Zeit darauf verschwenden, an den Symptomen herumzudoktern, anstatt die Kernprobleme anzugehen, werden wir aus dieser Falle nicht mehr herauskommen.

Und jeden Tag auf der Heimfahrt bin ich darüber glücklich, dass wir ein umweltfreundliches Auto fahren, dass um die 5 Liter Verbrauch hat, komplett abgeschrieben ist und bei über 200.000 Kilometern Fahrleistung auch wirklich bis an die Grenzen seiner Lebenszeit (und dabei Scheckheft-gewartet) unterwegs ist. Sehr schön. Individualverkehr ist sicherlich nicht die Lösung der Zukunft, aber im ländlichen Raum immer noch die einzige Lösung.

Natürlich ist das nicht der Königsweg zum Kampf gegen die Klimakatastrophe, aber ich kann in den ökologischen Spiegel schauen, ohne dass ich mich schämen muss.

Und dann kommen sie SUVs an mir vorbeigebraust, die auf offener Strecke sinnfrei überholen und mich schneiden. Für diese Autos versiegeln wir immer mehr Flächen, sie schlucken zu viel Benzin (wo bleibt das Dreiliterauto?) und sind gepanzert, als wäre davon auszugehen, dass es auf offener Straße Wildschweine regnet und Rehe mit Katapulten gegen die Autokotflügel geschossen werden.

Bei einem Zusammenprall (auch ohne geklärte Schuldfrage) bleibe ich auf der Strecke, während das Geländefahrzeug, das noch nie die gerade Straße verlassen musste, über die Reste hinwegrollt.

Warum bauen wir solche Autos? Warum kaufen wir solche Autos? Warum genehmigen wir solche Autos? Das ist mir unverständlich.

Ich setze mich dem Risiko aus, weil es der richtige Weg ist. Das klingt pathetisch, soll es nicht sein. Aber wenn wir nicht die Bewusstseine der Menschen verändern, gehen wir unter. Sicherlich.

 

Dein Homo Magi

 

 

Zug, mal wieder

 

Hallo Salamander,

 

man knäuelte sich vor dem Ausstieg. Der Zug hatte Verspätung und blieb dann vor dem Frankfurter Hauptbahnhof stehen, weil kein Bahnsteig frei sei und man den „Sicherungsabstand“ (so die Durchsage des Schaffners) halten müsste.

Kein Problem für die Kummer gewohnten Fahrgäste. Also standen wir in lockerer Gruppe im Gang und vor dem Ausstieg. Offensichtlich hatten wir alle eine begrenzte Umsteigezeit und wollten diese optimal ausnützen.

Den Gang entlang kämpfte sich eine Frau zu uns durch. Dann sprach Sie mich über die Köpfe der Herumstehenden direkt an. „Entschuldigung, können Sie sehen, ob die Toilette besetzt ist?“

Ich drehte mich zur Tür um und stellte fest, dass ich sehen konnte, dass der Schieberegler grün zeigte. Also wandte ich mich der Frau entgegen und antwortete wahrheitsgemäß „Ja“.

Um mich herum hatten die Menschen erst fragende Blicke ins Gesicht gemeißelt, dann begannen die ersten zu schmunzeln. Bevor die eingreifen konnten, antwortete ich der Frau aber direkt. „Das war aber nicht das, was Sie wissen wollten, oder?“

Sie schaute mich verstört an.

„Sie wollten wissen, ob die Toilette frei ist, nicht, ob ich das sehen kann.“

Sie musste einen Moment überlegen, dann nickte Sie. „Und, ist die Toilette frei?“

„Ja.“

Um mich herum lächelten jetzt mehr Menschen. Sogar die Frau mit dem Toilettenwunsch musste lächeln. Sie bahnte sich den Weg an uns vorbei zur Toilette. Bevor sie hineinging, wandte Sie sich noch einmal an mich. „Sie geben komische Antworten – aber ich bin bestimmt nicht der erste Mensch in ihrem Leben, der ihnen das sagt.“

„… und nicht der Letzte. Aber auch hier gilt: Reden hilft.“

Die Umstehenden und sie lächelten, dann verschwand sie auf die Toilette, während der Zug sich in Bewegung setzte, um endlich in Frankfurt einzulaufen.

Kommunikationsbonuspunkt: Check.

 

Dein Homo Magi

 

 

Ägir – Herr des Meeres

 

Lieber Salamander,

 

manchmal findet man beim Lesen in guten Büchern gute Dinge. So fand ich in Britta Langes hochinteressantem Buch „Die Entdeckung Deutschlands – Science-Fiction als Propaganda“[45] folgendes Zitat:

Im Jahr 1918 produzierte und inszenierte Julius Pinschewer (1883-1961), ein Pionier des deutschen Werbefilms, im Auftrag der Deutschen Reichsbank einen vollständig überlieferten Kriegsanleihe-Werbefilm in zwei Akten unter dem Titel „Ägir. Ein Film-Festspiel“. Ägir ist in der germanischen Mythologie der Riese des Meeres und des Biers. Im Film thront und tafelt der „König der Meere“ in seinem Königreich unter Wasser, von Meerjungfrauen umspielt, als ihn die Untersee-Post mit folgender Meldung erreicht: „»Freitag, 16. August 1918. London, Drahtmeldung Reuter: Wie man in den Ländern der Entente erwartet, wird der neuen deutschen Kriegsanleihe ein großer Misserfolg beschieden, der den Zusammenbruch Deutschlands aller Welt vor Augen führen wird.“ Ägir, gespielt von Wilhelm Diegelmann, entschließt sich daraufhin, diese Nachricht vor Ort zu überprüfen. Er materialisiert sich auf einem deutschen U-Boot, das auf dem Meer Wache schieb. Der Kapitän kommt der Bitte Ägirs nach, ihn ins Deutsche Reich zu bringen und lässt ihn von einem „Seeflugzeug“ abholen. Im Kieler Hafen besteigt der Meeresgott einen Sonderzug nach Berlin. Der zweite Akt ist Ägirs Besuch in der Hauptstadt gewidmet. Bei seiner Ankunft verscheucht er zunächst einen kurbelnden Kameramann (…) und lässt sich in einem Auto durch das Brandenburger Tor die Linden hinunter bis zur Reichsbank kutschieren. Im Bankgebäude beobachtet er unterschiedlichste Vertreter der Bevölkerung, die einvernehmlich die Kriegsanleihe zeichnen: alte Menschen, junge Mädchen, verwundete Soldaten. „»Überzeugt von dem ungebeugten Willen des deutschen Volkes durchzuhalten, kehrt Ägir zum Meer zurück“ – nicht, ohne sich vorher von der deutschen Hochseeflotte zu verabschieden, ein dreifaches Hoch auf den Kaiser auszubringen und noch einmal zur Zeichnung der Kriegsanleihe aufzufordern.[46]

Man kann den Film online anschauen[47], was sich tatsächlich lohnt.

Dass die germanischen Götter nicht auf Seiten des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg oder des Dritten Reiches im Zweiten Weltkrieg standen, würde ich einmal als gesetzt annehmen. Selbst wenn sie es getan hätten: Kriegsanleihen waren (und sind) kaum Teil ihrer Aufgaben.

Aber interessant ist doch, dass vor etwas über 100 Jahren die germanischen Götter noch so „nahe“ waren, dass man sie einsetzen konnte, ohne sie groß erklären zu müssen. Und ebenso interessant ist, dass die Rückbeziehung der Führung auf den Rückhalt der germanischen Götter nicht erst im III. Reich entstand, sondern vorher schon üblich war (was ich wusste, aber ich hatte nicht gewusst, dass es sich auch auf den Werbefilm erstreckt).

Wieder was gelernt …

 

Dein Homo Magi


 

Verschwörungen

 

Hallo Salamander,

 

Die Fachliteratur geht mit dem Werk „Der Heilige Gral und seine Erben“ nicht gerade liebevoll um. Die englische Wikipedia ist da eindeutig:

Historian Marina Warner noted the book to be filled with lurid falsehoods and distorted reasoning.[48]

Gerade las ich ein sehr gutes Bücher über Verschwörungen, nämlich „Conspiracy“ von Tom Philipps und John Elledge.[49] Dort heißt es in einer sehr schönen Fußnote über das eben genannte Werk:

Dan Brown’s best-selling novel The Da Vinci Code owes a hefty debt to The Holy Blood and the Holy Grail, a 1982 book of conspirational pseudohistory whose three authors include Michael Baigent and Richard Leigh. The fact The Da Vinci Code`s villain is called „Leigh Teabing“ is probably not a coincidence, but may be a sign that Brown hasn’t realized that other people can do anagrams, too. (The third author of The Holy Blood and the Holy Grail, Henry Lincoln, is sadly not recognized in the text of The Da Vinci Code. This is a shame, because he was one of the inventors of the Yeti in the Patrick Troughton era of Doctor Who.)[50]

Man mag es kaum glauben, aber der Schritt zwischen Verschwörungserfinder und Dr. Who-Autor scheint ein kleiner zu sein.

Über Henry Lincoln schreibt die englische Wikipedia:

He was co-writer (…) of three Doctor Who stories starring Patrick Troughton: The Abominable Snowmen (1967), The Web of Fear (1968) and The Dominators (1968) (…).[51]

Tatsächlich tauchen die Yetis bei Dr. Who erstmal in der Folge „The Abominable Snowmen“ auf[52] - und natürlich sind von den 6 Originalfolgen 5 verschollen.[53]

Zufall? Oder ist das ein Teil der in „Der Heilige Gral und seine Erben“ beschriebenen Verschwörung um die Prior de Sion, Jesus Nachfahren und die Merowinger?[54] Oder wollten die Yetis einfach nur ihre Tatzen da raushalten?


 

Seltsam, aber so steht es geschrieben.

 

Dein Homo Magi

 

 

Boss-Monster

 

Hallo Salamander,

 

da habe ich nach vielen Jahren jemand wiedergetroffen, die ich seit Jahrzehnten kenne, aber in den letzten Jahren hat sich das halt irgendwie „verlaufen“.

Könnte nebenbei das Thema meiner letzten Wochen sein: Menschen, die ich Jahrzehnte kenne, aber seit Jahren nicht mehr von Angesicht zu Angesicht gesehen haben, tauchen in meinem Leben wieder auf. Und über was möchte man mit mir reden? Existentielle Dinge: Krankheit, Tod.

So war es auch mit dem anfangs beschriebenen Wiedersehen. Es war auf der Betonrampe hinunter in den Keller eines ehemaligen Krematoriums (ich kann nichts dafür, das passiert mir einfach) und wir unterhielten uns darüber, was das Leben so mit uns gemacht hat – und darüber, was in unserer Generation scheinbar aktuell Thema ist: Allein-Sein, Sterben, aber auch Renteneintritt und Angst um die eigene Gesundheit.

Offensichtlich erschien ich ihr davon unberührt, denn sie hakte immer wieder nach. Irgendwann erinnerte ich sie ein wenig unwirsch daran, dass ich seit 40 Jahren krank bin und alle diese Dinge (für mich und meist alleine) mit 24 geklärt habe. Dann war sie eine Weile still und überlegte. Ein Satz brach aus ihr heraus: „Du hast ein eigenes Boss-Monster in dir.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

Dein Homo Magi


 

Mond

 

Lieber Salamander,

 

gestern Abend war der Mond groß am Himmel zu sehen. Kein Blutmond, einfach nur ein hell strahlender Mond, kurz über dem Horizont, an einem wolkenlosen Himmel.

Wir kamen spätabends von einem Heidentreffen heim und hatten eine halbe Stunde Fahrt vor uns. Die Fahrt war kurzweilig – nette Gesellschaft, volle Mägen, es war noch Licht für die Strecke durch den Wald. Und als wir aus dem Wald rauskamen, da begrüßte uns der Mond hinter den Hügeln. Manchmal war er nicht zu sehen, manchmal glänzte er voll und rund am Himmel. Da wir immer ein wenig die Richtung wechseln mussten (hier gibt es keine geraden Straßen) wanderte er im Blickfeld von links nach rechts und wieder zurück.

In einem Kreisel bin ich vier Runden gefahren, damit die Beifahrer ein Foto versuchen konnten. Wurde natürlich nichts. War irgendwie klar, denn das was auf dem Foto zu sehen war hatte mit dem, was wir fühlten, nichts zu tun.

Archaische Macht. Uralte Erinnerungen. Wundervolle Bilder. Irgendwie sind diese Dinge in unsere Matrix eingeprägt, was dafür sorgt, dass sie uns auf Ebenen berühren, die man mit Fotos niemals erreichen kann.

Es war einfach wundervoll. Magisch halt. Es ist doch schön, auf diesem Planeten zu leben.

 

Dein Homo Magi

 

 

Delling-Sichtungen

 

Hallo Salamander!

 

Alphabetisch eingefangen zwischen Datan und Tawals („zwei polnische Götter, welche Segen, Gedeihen und Fülle gaben“) und dem Dengle-Geist („So heißt nach einer alten Volkssage auf dem Feldberge im Breisgau ein Feldgeist, der zur mitternächtlichen Stunde auf einem silbernen Amboss eine goldene Sense hämmert oder dengelt. […]“) findet sich eine neue Delling-Sichtung:

Dellingur (Dämmerung), nach der Skandinavischen Mythologie der dritte Gemahl der Nat oder Nott (Nacht), mit welcher er den glänzenden Dag (Tag) zeugte.

Ort dieser Sichtung ist das schöne „Mythologie der alten Teutschen u. Slaven, in Verbindung mit dem Wissenswürdigsten aus dem Gebiethe der Sage und des Aberglaubens“ von Anton Tkány (Znaim, 1872), das ich nicht im Regal stehen habe, sondern mit seinen 521 Seiten bei archive.org fand.

Eine Fülle an Dingen … die man nicht auf dem Schirm hat, die aber trotzdem hochinteressant sind. Zur Irminsul steht dort:

Die uralte Gottheit bewährt noch der Umstand, dass die Milchstraße am Sternenhimmel den alten Namen Irings Straße führte, und für das Gestirn des großen Bären, im Teutschen Alterthume die Benennung Irings Wagen üblich gewesen.

Wieder eine Lücke geschlossen in meinem Gedächtniskasten …

 

Achja, warum ich danach gesucht habe? Wegen Znaim. War also eher Zufall. Wenn du jetzt natürlich wach liegst und darüber nachdenkst, was mich an Znaim reizt …

Znaim Znaim Znaim.

Bleibt aktuell mein Geheimnis. Delling ist ja schon Fundstück genug.

 

Dein Homo Magi

 

 

Thorstag

 

Hallo Salamander,

 

manchmal schwebt mir eine Heiden-Volkszählung vor. Nicht immer hat man so viel Glück wie die Engländer, die vor Jahren (aus Versehen?) die Zahl der Jedi-Anhänger erfasst haben.[55]

Wäre doch mal nett, wenn man an einem Tag im Jahr erfassen würde, wer in Deutschland ernsthaft heidnisch „unterwegs“ ist. Eine Stichtags-Zählung a la „Doomsday Book“[56], in der erfasst wird, wie viele Menschen in Deutschland wirklich noch christlich sind oder tatsächlich sich selbst als islamisch bezeichnen.

Mit Ständen in der Innenstadt, wo man sich in Listen einschreiben kann. Ein offizieller Thorstag, in dem man in den Fußgängerzonen Stände mit Unterschriftenlisten auslegt. Männer mit Hörnerhelmen schenken Met aus, man singt gemeinsam obskure heidnische Lieder und fragt freundlich Passanten „Darf ich mit ihnen über meinen Herrn Odin reden?“. Dazu ein paar schöne Bildtafeln mit der Irminsul, Fotos von alten Wagner-Aufführungen (wo die Akteure Felle und Hörnerhelme tragen), dazu dann – um sie alle zu verwirren – eine Replik eines Matronensteins und natürlich ein Horn, aus dem immer wieder Met ausgeschenkt wird.

Ordentlich bei der Verwaltung angemeldet, so mit einem Stand zwischen den Zeugen Jehovas und dem unvermeidlichen Stand der FDP, die als einzige Partei noch genug Mitglieder zu haben scheint, um regelmäßig Stände zu bewirtschaften (hier beschränken sich meine Beobachtungen auf Bundesländer außerhalb Bayerns – dort ersetzt wahrscheinlich der CSU-Stand die Zeugen Jehovas).

Das mit der nötigen Presserückmeldung, damit man das Bild in der Öffentlichkeit von den wenigen Heiden und gewalttätigen Ausschreitungen durch jene ein wenig aufweichen kann. Und immer dann, wenn ich diesen Infostand vor meinem inneren Auge sehen kann, werde ich wach.

 

Dein Homo Magi

 

Nasenmassage

 

Lieber Salamander,

 

manche Dinge sind so unglaublich, dass man sie gar nicht beschreiben mag. Wer glaubt, dass Science Fiction weit weg von allem ist, was real ist, der möge jetzt an Babelfische erinnert sein, die man sich ins Ohr schob, oder an die aus „Star Trek“ bekannten Würmer, die einem Khan in die Ohren schieben ließ, um Abhängigkeit zu erzeugen.

Was mag das hier sein?[57]

Nasenmassage

Ein wenig sieht es wie eine Larve aus, die einem in das Gehirn eindringen möchte, um sich dort von Gehirnflüssigkeit zu ernähren, bis sie groß genug ist, um Eier zu legen. Wenn diese Larven aufplatzen, dann wachen wir schreiend vor Schmerzen auf, während aus den Kopföffnungen Blut läuft und kleine Tiere versuchen … aargh.

Nasenmassage

Die überraschend verwirrende Einkaufsseite im Netz, auf der das „Ding“ angeboten wird, liefert als Stichworte: „Nose Massager Resin Beeswax Nose Scraper Facial Beauty Massage Tool For Women Amber, Nose Massage Tool,Facial Gua Sha Tool,Facial Massage Tool, Pink“.[58]

Ja, es geht um Nasen-Massage. Von innen. Die Bilder verharmlosen das, möchten nicht, dass der Käufer vorher merkt, dass er sich „Ding“ in die Nase schieben muss.

Die Dinge sehen so unschuldig aus – aber sie sind gekommen, um die Welt zu übernehmen!

Nasenmassage

Lasst nicht zu, dass sie uns übernehmen …

Teile der Seite temu.com sehen aus, als hätten uns schon gehirnlose Parasiten übernommen. Die sind fast tot, können dann nur noch online dort bestellen.

Arrrgh. Ab jetzt schaue ich immer, ob Blut im Taschentuch ist, wenn ich geniest habe. Man weiß ja nie.

 

Dein Homo Magi

 

 

Mentale Markierungen

 

Hallo Salamander,

 

wir behandeln Migration immer noch mit dem Schuldbewusstsein der mentalen Dekolonialisierung im Hinterkopf. Die Schuld ist zwar ein typisch christliches Konzept, aber es gehört zu jenen Dingen, die man – vielleicht nur noch vor der Scham – als letztes angeht, wenn man daran geht, Blockaden aufzubrechen und sich unschönen Wahrheiten zu stellen.

Irgendwann im Leben sollte man das aber tun, wenn man ein erfülltes Selbst haben will. Ich habe die Themen bearbeitet, aber ein Exkurs kann nicht schaden.

Mein Vater war am 2. Weltkrieg noch aktiv beteiligt, ebenso meine beiden Großväter. Trotzdem liegt es mir ferne, mir selbst eine persönliche Mitschuld an Krieg oder Kriegsfolgen zuzuschreiben. Und ich glaube auch nicht, dass diese Schuld kollektiv oder individuell weitergegeben wird. Erlernte Muster, die um die Schuld herum errichtet worden sind, werden aber weitergegeben. Erziehung ist eine soziale Funktion, wenn ich also heute erschrecke, wenn Sirenen angehen, so ist das der erlernte Schrecken aus dem Verhalten meiner Elterngeneration, die noch den Bombenkrieg mitgemacht haben. Ich kann verstehen, warum die Morlocks Sirenen benutzen, um die Eloi zum gefressen-werden zu bewegen (wer „Die Zeitmaschine“ nicht gesehen hat, ist jetzt raus), denn solche Dinge werden tradiert, nicht vererbt.

Am Kolonialismus bin ich noch weniger schuldig oder mitschuldig. Kolonialismus ist sowieso eine Frage des Zeitpunkts. Wer lebte vor uns in Europa? Kommen wir nicht alle aus demselben Tal in Ostafrika?

Nein, damit möchte ich das Problem in keinster Weise klein reden oder Verbrechen durch Stellung in einen Kontext minimieren. Ein Mord bleibt ein Mord bleibt ein Mord. Das Holocaust kann man nicht wegreden, wenn man versucht, es in historische Bezüge zu stellen. Aber mir als Historiker sei der Versuch erlaubt, historische Zusammenhänge zu verstehen (oder es zumindest zu versuchen). Aber keine Angst: Das tue ich hier nicht.

Bei der ganzen Migrationsdebatte habe ich nur den Eindruck, dass wir (als Deutsche, Europäer, Weiße oder wie auch immer wir die Grenzen unseres mentalen Hofes definieren) nicht sachbezogen diskutieren, weil wir ja schuld sind und deswegen bestimmte Dinge liefern oder zahlen müssen.

Lieber Salamander, führe dir bitte in Erinnerung, dass ich im Bildungsbereich/Sozialbereich tätig bin, dass ich also weiß, wovon ich rede. Und als Mensch mit magischen Interessen (super Umschreibung, sollte ich mir schützen lassen) wird das noch mehr mein Thema, weil ich feststellen muss, dass wir als Gesellschaft in den letzten Monaten mehr und mehr an mystischer Kraft verlieren, weil wir nach der Pandemie nicht mehr zu vorherigen Größe zurückgekehrt sind, was Macht und Magie betrifft. Wir bannen uns selbst, verlieren viel zu viele Menschen an Couch und Einsamkeit (das ist eine klare Pandemie-Folge), diskutieren sinnlose Verschwörungstheorien mit Menschen ohne Antworten (oder umso mehr Fragen) und steuern in der Migrationspolitik einen Kurs, den man bei einem Schiff überhaupt nicht in Metaphern kleiden könnte (Schiff ohne Kapitän, im Nebel, mit Leck, mit der falschen Takelage, aber dafür ist die Hälfte der Mannschaft damit beschäftigt, eine neue Bugfigur auszuwählen, während ein Drittel der Mannschaft überlegt, was es zum Abendessen gibt – der Rest versucht verzweifelt, das Schiff zu retten).

Bildung und Teilhabe müssen unser Ziel sein – sind sie aber nicht. Es ist schlimm genug, dass man das immer wieder erklären muss, so als würde man Leuten erklären müssen, dass Luft und Nahrung zwingend sind, wenn ich überleben will. Grunderkenntnisse werden gerade ignoriert … ein wenig der Sturz zurück hinter die Aufklärung.

Alles ein wenig frustrierend gerade. Bleierne Schwere über dem Land.

 

Dein Homo Magi

 

 

Anektotischer Umgang

 

Hallo Salamander,

 

schön ist es, wenn man sich von der Faktenlage entfernt und nur noch anektotische Informationen preisgibt, um seinen Standpunkt zu verhärten.

Als Magier kennt man sich damit aus, als Sozialarbeiter auch. Hier ist es oft so, dass es schwierig ist, „harte Fakten" zu ermitteln, um etwas zu begründen. Ich kann ausrechnen, wie lange es dauern sollte, bis eine Fachkraft einen Gegenstand herstellt. Wenn also im Schnitt jeder meiner 10 Mitarbeiter 1 Stunde braucht, um 20 Grußkarten zu beschriften und zu adressieren, dann kann ich mit einem Mitarbeiter, der dafür 2 Stunden braucht, wahrscheinlich weniger anfangen als mit den aktuellen Mitarbeitern. Ein Sozialarbeiter, der in einer Beratung versucht, einen Langzeitarbeitslosen zu motivieren, sich zumindest für eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu melden, kann vorher und nachher nicht einschätzen, ob das Gespräch von 1 Stunde sofort Wirkungen erzielt, ob es bei anderen Personen genauso lange dauern würde und welche Faktoren mit welchem Anteil daran beteiligt sind, dass etwas kürzer oder länger dauert. Ich weiß, dass es ein Bestreben gibt, auch diese Beratungsdinge zu quantifizieren – Schwangerschaftsberatung, das erste Arztgespräch nach der Krebsdiagnose, das Verkaufsgespräch im Spielzeugladen, die Beziehungsberatung beim Therapeuten und das oben genannte Beratungsgespräch beim Sozialarbeiter. Ist das alles quantifizierbar?

Beim Magier ist das noch schlimmer, weil ein Teil der Wirkungen nicht beobachtbar ist – von unsichtbaren Handlungen ganz zu schweigen. Ob das Ritual, der Zauber, die kultische Handlung wirken wird – je nach Anspruch an die Handlung – sicher auch nur auf einer subjektiven Ebene auswertbar sein (wenn man nicht sowieso vorhat, Atlantis in 30 Jahren zu heben oder das Ozon-Loch bis in 5 Jahren zu schließen). Zum Ritual/zum Zauber gibt es sinnhafte Fragen, die man beantworten können sollte: Geht es mir besser danach? Fühle ich mich „energetischer“? Habe ich weniger Schmerzen? Kommt meine Exfreundin wieder zu mir zurück? Alles Fragen, die offensichtlich nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachvollziehbar überprüfbar zu beantworten sind. Damit kann man leben (Unschärfe ist ja ein Schlagwort des 21. Jahrhunderts) und man sollte nicht so tun, als wäre das anders.

Zurück zur realen Welt. Beruflich hatte ich jetzt das „Vergnügen“, in einer hochrangig besetzten Veranstaltung zum Thema Flüchtlingspolitik zu sitzen. Es ging um die Nachhaltigkeit von Sprachkursen, die Qualifizierung von Geflüchteten nach mehreren Jahren etc. pp. Echt interessante Ergebnisse.

Die Präsentation wurde an die Leinwand geworfen – und außer dem schwarzen Rahmen war nichts zu erkennen. Moderator und Vortragende erklärten beide, dass die Kurven und Zahlen auf dem Bildschirm des Rechners vor ihnen sichtbar seien, aber eben nicht auf der Leinwand. Man munkelte etwas von einem technischen Problem und fing dann an, die Optik zu erklären – „die Kurve geht dann ganz klar nach oben“, „in Corona hatte die Entwicklung eine Delle, aber danach ging es hoch“.

Ich habe mir das drei Minuten angehört, weil ich hoffte, dass irgendjemand hysterisch lachend zusammenbricht. Doch des Kaisers neue Kleider schienen keinen zu stören. Ich stand auf und ging. Fakten sollte man – wenn man sie schon hat – anders präsentieren. Und sich ein wenig mehr Mühe mit der Intelligenz der Zuschauer geben.

Jeder Magier hat gezwungenermaßen mehr drauf, weil er sein Publikum verliert, wenn er sich so blamiert. Wird man dafür gut bezahlt … scheint das anders zu sein. Mysteriös.

 

Dein Homo Magi


 

Wede

 

Halo Salamander,

 

manchmal kann man Wissenslücken schließen, wenn man auf etwas aufmerksam gemacht wird, das man nicht gesucht hat.

In welchem deutschen Dialekt klingt das „Vater Unser“ schon so?

Unsere fater vele sein in himel,

deine name sol werden geheiliet,

deine reik mes sukom uns,

deine wile meg geshê wi in himel so af erde.

Gewe uns unsere taglie brot,

fergewe uns unsere shulda (feltrita),

wi wir fergewe unsere feinda,

u fire nit in fersukun uns,

sondern erlese uns fon ale iwela.[59]

Eine deutsche Weltsprache, gedacht als Alternative zu Esperanto oder Englisch.[60] 1928 kam dann eine neue Version, „Oiropa Pitshn“.[61]

Sein Sprachschöpfer schrieb zur Weltsprache:

... daß Deutschland nach dem unbefangenen Urteile aller Völker das meiste moralische Recht hat, der Welt eine aus seinem Schoße geborene Hilfssprache zu geben, eine Weltsprache ins Germanischem, nicht in romanischem Geiste.[62]

Unfassbar.

 

Dein Homo Magi


 

Disparate Kleidung

 

Hallo Salamander,

 

ich kann von mir selbst nicht behaupten, eine Mode-Ikone zu sein. Ist ja auch nicht schlimm – die Sachen, die ich trage, sind sauber, die Reißverschlüsse und Knöpfe sind zu und ich trage keine Werbeschriften herum, für die man sich schämen müsste (nein, ich nenne hier keine Beispiele – Scham ist eine persönliche Entscheidung, da möchte ich nicht als Leitstern für bekannt werden).

Kürzlich hatte ich aber in einer Situation im „öffentlichen Raum“ die schöne Gelegenheit, eine Frau zu sehen, die offensichtlich noch eine neue Möglichkeit gefunden hatte, gegen die gesellschaftlichen Regeln aufzumucken. Meine Ansprüche waren von dem, was sie trug, erfüllt (s.o.). Aber dafür hatte sie einen neuen Trick gefunden: keine Sache passte zu irgendeiner anderen: Gelbe Gummistiefel mit gestreiften Schnürsenkeln, eine kurze Hose im Bayern-Lederhosen-Stil (samt Hosenträgern), eine Art Hawaii-Hemd samt Palmen und exotischen Flügeln, ein Gesundheitsarmband (eines von diesen Dingern, das Herzschlagzähler, Blutdruckmesser und wahrscheinlich Diabetes-Vorsorge integriert), dazu Spitzenhandschuhe, eine Kette mit Modeschmuck-Perlen in fiesem Bunt, zwei nicht zueinander passende Ohrringe und dazu quer einen Hut auf dem Kopf, den nachgemachte Obststücke zierten (das war Plastik – außerdem sah man keine Wespen um die Ananas und die Melone herumschwirren).

Beeindruckend, wie man mit Aufwand dafür sorgen kann, dass man formal gegen keine gesellschaftlich tradierte Regel verstößt, aber trotzdem Anstoß erregt. So stelle ich mir echte Schamanen der Großstadt vor. Erkläre dem mal, was er falsch macht (nichts) – und verhindere mal, dass er (oder sie) eingewiesen wird.

Das sind „gefühlte Regeln“, die hier verletzt werden. War eine interessante Demonstration, in der es auch um Macht und Angst ging.

Danke, Schicksal.

 

Dein Homo Magi


 

Urlaub auf der Venus

 

Hallo Salamander,

 

da nutzt man seinen Urlaub, um den Stapel von Büchern abzuarbeiten, der sich eigenartigerweise im Laufe von Monaten aufbaut (wenn ich den in die Finger kriege, der die Bücher immer kauft … keine Chance).

Manche Bücher liest man 20, 40 oder 50 Seiten, um sie dann über die Schulter zu werfen. Passt halt manchmal nicht oder man hat sich den Inhalt anders vorgestellt.

8 Seiten habe ich bei Omnec Onec und „Ich kam von der Venus“ geschafft. Obskure Geschichte einer Frau, die angeblich auf der Venus großgezogen wurde und dann mit einer Botschaft zur Erde geschickt wurde. Ich vermutete schon in der Vergangenheit, dass es hier mehr um Probleme in der mentalen Verkabelung der Autorin als um eine Quantenerhöhung des Bewusstseins der Menschheit geht. Nach den 8 Seiten blätterte ich ein wenig und blieb sprachlos auf Seite 125 beim folgenden Zitat hängen:

Die Menschen von Teutonia und aus den Dörfern in vielen Teilen der Venus starteten jeder zu seiner Zeit und wanderten jeder für sich. Ich hatte darum gebeten, zusammen mit Rimj und Zemura zu reisen. Sobald ihre Eltern und Arena und Odin versammelt waren, begaben wir uns auf den Weg.

Die Stadt Teutonia auf der Venus und Odin als Vater … das war selbst mir zu viel an Geschwurbel. Ablagestapel, nächstes Buch.

„Auf der Venus war ich immer mit Odin in Teutonia …“ Schauder, schüttel, grusel.

 

Dein Homo Magi

 

 

Digitales Wörterbuch

 

Hallo Salamander,

 

da kann man im digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (www.dwds.de) Begriffe nachschauen und feststellen, was sie bedeuten, wie sie (geographisch sortiert) angewandt werden und wie oft sie verwendet werden.

Ich musste natürlich erst nach magischen Begriffen suchen.

Beginnen wir mit Yggdrasil: „Substantiv (Maskulinum) – Genitiv Singular: Yggdrasils – wird nur im Singular verwendet“.[63]

Klar, mehre Welteneschen machen auch keinen Sinn, wenn mehr als eine Esche im Zentrum von neun Welten steht. Und man kann sich auch schön anschauen, wann der Begriff in den letzten 200 Jahren verwendet wurde:

[64]

Glaubt man der Kurve, ging die Wortverwendung in der Zwischenkriegszeit zurück … hm.

Dankenswerterweise kann man mit dem „Beispielextraktor“ Quellen zur Verwendung von Begriffen finden. So aus „Die Welt“:

Kaum einer von uns würde heutzutage noch gern an der Welt‑Esche „Yggdrasil“ sitzen und auf mythische Momente warten wollen.[65]

Schön ist auch der Artikel zu Midgard („Wortbildung mit »Midgard« als Erstglied: Midgardschlange“)[66] – und man liest sich an den Zitaten richtig fest. Beispiel aus „Die Zeit“ gefällig?

Pimpfe und Jungmädel sind begeistert von Feuerrunden, Gemeinschaftserlebnissen und den Geschichten von nordischen Gottheiten und dem sagenumwobenen Land Midgard.[67]

Echo-Korridor beim Suchen mal anders … und hoch interessant. Ich muss noch ein wenig herumspielen.

 

Dein Homo Magi

 

 

Densick

 

Hallo Salamander,

 

Textfeld: Abbildung 5: www.zvab.com/servlet/BookDetailsPL?bi=31480731527&cm_sp=rec-_-pd_hw_o_1-_-bdp&ref_=pd_hw_o_1; 11.08.2023 https://pictures.abebooks.com/inventory/31480731527.jpgda schaut man regelmäßig online nach der Dickens-Übersetzung von Gustav Meyrink. Schöne Sammlung, so was zum Lesen für die Rente. Und da gibt es eine wohlfeile Ausgabe von Manuskriptum, sechs Bände, nette Ausgabe, und sogar ein bezahlbares Angebot.

Und was stellt man fest? Es gibt die im Schuber und auf dem Rücken kann man Dickens lesen. Naja, bei den meisten Anbietern. Manchmal scheint das mit dem belesen sein bei Anbietern nicht so weiter vertreten (siehe Abbildung).

Densick. Der berühmte, englische Autor, den Meyrink übersetzt hat. Da fällt einem nix zu ein. Ehrlich.

 

Dein Homo Magi


 

Gutes Buch

 

Hallo Salamander,

 

mal wieder ein kluges Buch gelesen. Ich zitiere:

(…) Wie aber kann in einer immer feiner zergliederten Gesellschaft eine neue, stimmige Selbsterzählung aussehen?

Die momentan beliebteste Antworten auf diese Frage unserer Gesellschaft sind erstaunlich individualistisch angelegt. „Achtsamkeit“ und „Bewusstheit“ boomen, vermutlich nicht zuletzt, weil sie das Individuum als autark erzählen. Zwar muss in diesen Konzepten jeder von uns „heilen“, wurde also bereits einmal von außen verletzt. Die Heilung liegt jedoch im Inneren, nicht im Äußeren. Antagonistinnen sind höchstens „toxische“ Beziehungen, aus denen man sich lösen muss. Die Prüfungen legen stets im eigenen psychischen Handlungsraum: Man soll lernen, zu kommunizieren, dankbar zu sein und sich ansonsten um nichts zu kümmern, was man nicht beeinflussen kann.

Stolz erzählen folglich die Jüngerinnen, dass sie keine Nachrichten mehr schauen und generell den Kontakt zu allem meiden, was sie irritieren könnte. Diese Instagram-Variante des Stoizismus will das narrative Selbst letztlich abschotten von all den erzählerischen Konflikten dort draußen – eine meist implizite, aber umso wirkungsvollere Entpolitisierung.

Was uns zu der Frage führt, welches Sternzeichen Sie eigentlich sind?[68]

Lesen – „Erzählende Affen“ von Samira El Quassil & Friedemann Karig. Eine echte Empfehlung.

 

Dein Homo Magi

 

 

Der 8-Chakren-Chor

 

Hallo Salamander,

 

im Urlaub waren wir in einem Konzert. Eine Gruppe von 8 Ukrainern sang gemeinsam gregorianische Gesänge. Eine Kirche, eine Kathedrale gar wäre stimmungsvoller gewesen, aber auch so füllten die Stimmen sehr schön die Halle. Musikalisch war es ein Erlebnis – und als Zugabe gab es dann noch gregorianische Versionen von Popsongs. Das Ende war dann eine schöne Gesangsversion von „Thank you for the music“ von ABBA. Schwedisch englisch gregorianisch ukrainischer Gesang, sehr schön.

In der Pause stand ich für ein Getränk an. Das Paar hinter mir zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Warum? Es handelte sich eine hübsche Frau mit ihrem männlichen Begleiter, der damit beschäftigt war, sie anzubaggern. Das, was er da an intellektuellen Meisterleistungen herausbrachte, war schon anstrengend.

Der Höhepunkt war dann, als er ihr erklärte, dass es kein Wunder so, dass der Chor aus 7 Personen bestand. Es gäbe ja auch 7 Chakren und beim Singen würde jede Stimme ein anderes Chakra ansprechen. Ich hatte 8 Personen gezählt (der Chorleiter besaß als Sonderqualifikation eine Melodika, aber hierbei gab es wohl für den Herren keine Verbindung zu den Chakren).

Die Damenbegleitung schaute den Sprecher neugierig an und hing begierig an seinen Lippen. Ich hingegen versuchte keine Emotion zu zeigen und ganz wichtig in eine andere Richtung zu schauen, während er mystische, fernöstliche Momente im gregorianischen Gesang identifizierte. Ich selbst hätte bei der Dame wohl eher auf die Assoziation der 8 Sänger zu Schneewittchen und den sieben Zwergen hingewiesen, aber ich war hier auch nicht im Rennen – was für meine geistige Gesundheit spricht.

Eine irre Theorie. Aber dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Musik und Magie gibt, das ist schon länger bekannt. Aber doch nicht bei den Chakren … aber wir wissen natürlich alle, dass „The Beatles „für die vier Elemente stehen. Und die mystischen Tiefen der „Bay City Rollers“ muss ich hier nicht darlegen, oder?

 

Dein Homo Magi

 

 

Zwei tote Omas

 

Lieber Salamander,

 

am letzten Wochenende war ich am einzigen Ort der Welt, an dem (soweit bekannt) meine beiden Großmütter mal waren. Natürlich könnte es Ausflugsorte oder Veranstaltungen geben, wo sie auch beide waren – aber sicher bin ich mir nicht.

Am Kriegsende floh mein Großvater (Vater-Vater) zu seiner Familie ins Wittgensteinische, dort traf er auch auf die Familie meiner Großmutter (Mutter-Mutter). Meine Eltern haben sich da zwar kennengelernt, aber mehr war da nicht (meine Mutter war bei Kriegsende 4 Jahre alt). Meine Großmutter (Mutter-Vater) war hochschwanger und gebar ihr drittes Kind (meinen Onkel) in dem Haus, in dem zeitweise auch meine Großmutter (Mutter-Mutter) mit Familie Zuflucht suchte. Mein Vater heiratete meine Mutter viel später, diese war seine Cousine zweiten Grades und wir leiden als Familie daher unter dem, was man „Ahnenschwund“ nennt.

Viele Jahrzehnte später wohnte dort meine Großmutter (Mutter-Mutter) mit zwei ihrer noch lebenden drei Geschwister zusammen. In hohem Alter eine Familien-WG, schon eine coole Nummer.

Die sind in der Generation (meiner Großeltern) heute alle tot, aber das Haus gehört einer Cousine von mir (zweiten Grades, längere Geschichte). Wir hatten vereinbart, uns dort für ein kleines Familienwochenende zu treffen – meine Mutter, mein Bruder mit Familie und ich. Wir besuchten Verwandte, machten Wanderungen durch das Innere des Städtchens und unterhielten uns über Ahnen.

Dazu ein Bier und etwas Tabak, der richtige Rahmen für meine Art der Religionsausübung. Vorbild sein und Vorbild leben – aber in diesem Falle fiel mir das einfach, weil ich es schon immer so gemacht hätte. Ehrlich.

Und es fühlte sich so etwas von richtig an, alleine im alten Zimmer meiner Großmutter in dem Haus zu schlafen, wo diese beiden Ahnen jeweils mal gelebt haben – ohne damals zu ahnen (Wortspielhölle), was ihren Familien die Zukunft bringt.

 

Dein Homo Magi

 

 

Roger Roger

 

Lieber Salamander,

 

gefühlt trat in meiner Jugend Roger Whittaker in jeder Fernsehshow mindestens einmal auf. Wikipedia gibt mir da Recht:

Er war Gast in zahlreichen Musiksendungen im Fernsehen, darunter in der ZDF-Hitparade.[69]

Eine schöne Stimme, dazu konnte er noch überzeugend gut pfeifen und sogar Gitarre spielen. Die Deutschen hatten in meiner Jugendzeit einen Hang zu Menschen, die Deutsch mit Akzent sangen oder damit Fernsehshows moderierten (keine Angst, hier folgt jetzt keine Liste). Ob das der Wunsch nach der großen Weite war, der Versuch einer inneren Entfremdung vom schneidenden Ton der Rundfunkmoderatoren des III. Reichs oder einfach nur der musikalische Standortvorteil der Import-Sangesware? Ich weiß es nicht.

Roger Whittaker konnte man nicht hören, wenn man nicht eine Beleg-Großmutter dabei hatte. Kein Mensch, den ich kenne, hört im Auto oder daheim Roger Whittaker (zumindest nicht, soweit ich weiß). Ich dürfte die einzige Ausnahme sein.

Warum? Vor vielen Jahren war ich auf einem Fantasy-Con eingeladen. Es herrschte Zwang zur Vollgewandung und jeder sollte sich eine nette Geschichte überlegen, mit der er sich vorstellte und einbrachte. Ich konnte nicht am Freitag anreisen und kam daher Samstagmorgen. Alle anderen waren schon „in game“ und hatten sich vorgestellt.

Ich selbst trug Magierklamotten, einen Korb mit Essen und Trinken (sogar schön mit einem irdenen Krug und einem dazu passenden Becher) in der linken Hand und einen Wanderstab in der rechten Hand. So betrat ich das Gelände, wo die gesammelten Gäste alle schon erwartungsvoll saßen. Sofort fielen die Blicke auf mein ungewöhnliches Accessoire: ich hatte mir Elbenohren aufgesetzt. In üblichem Marktsprech begrüßte man mich a la „Wohlan Fremder, nehmet Platz. Was führet euch zu dieser abgelegen liegenden Veste?“

„Seied gegrüßt“, entgegnete ich redegewandt im Pseudo-Mittelalter-Deutsch. „Ich bin ein wandernder Barde. Man nennt mich Elvish Presley.“

Die Hälfte des Publikums brach bei dem Elvis-Elfen-Witz schon lachend zusammen. Mein Gegenüber hielt aber durch. „Könnet ihr etwas von eurer Kunst zum Besten geben?“

„Aber natürlich.“ Ich stand auf und sang „The last farewell“ von Roger Whittaker.[70] Man muss den Text nur minimal bearbeiten, und schon ist er ein schönes Piratenlied für jede Fantasywelt.

Nachher – im „Off“-Teil – konnte ich auch meine Version der Elvis-Roger-Geschichte erzählen. Zur Entstehungsgeschichte des Liedes heißt es:

Der Text stammt von Ron A. Webster, einem Silberschmied aus Birmingham. Whittaker hatte im Rahmen einer von ihm moderierten Radiosendung das Publikum um die Einsendung selbstverfasster Gedichte gebeten, worauf er von den über eine Million Texten ein halbes Jahr lange jede Woche eines vertonte und spielte.[71]

Die Geschichte, die ich kenne, geht aber weiter. Angeblich hat Elvis abends im Graceland die Show geschaut. Das Lied gefiel ihm, er wollte es in sein Portfolio aufnehmen. Also besorgte er sich am nächsten Morgen über sein Management und Rogers Management die Nummer von Roger Whittaker.

Angeblich lief das Telefonat so ab:

„Roger Whittaker hier.“

„Guten Tag Herr Whittaker. Hier spricht Elvis Presley …“

Klick

Elvis soll es noch mehrmals versucht haben, aber Roger legte immer auf. Am nächsten Tag versuchte er es über sein Management. Ein völlig aufgelöster Roger Whittaker rief zurück – er habe einfach nicht glauben können, dass Elvis Presley ihn anruft, und daher immer aufgelegt.

Wie auch immer. Elvis nahm das Lied in sein Programm auf.[72] Und ich singe es immer noch auf Fantasy-Cons, gerne nachts am Lagerfeuer, bis die Tränen kommen.

 

Roger Whittaker ist am 13.09.2023 verstorben. Roger, ich hätte keine Schwierigkeiten damit, wenn du in Folkwang auftauchst, um ab und an ein paar Menschen wie mich auf das Ragnarök vorzubereiten. „The last Farewell“, wenn alles vorbei ist. Fände ich passend.

 

Dein Homo Magi

 

 

Gebärdensprache

 

Hallo Salamander,

 

da wird man nachts wach und fragt sich, warum im Deutschen „Gebärden“ und „Gebären“ nur einen Konsonanten voneinander getrennt sind.

Bei Duden.de lernt man dann, dass gebärden (schwaches Verb) so viel heißt wie „eine bestimmte auffällige [übertriebene und unkontrollierte] Verhaltensweise zeigen“[73], während gebären (starkes Verb) „(ein Kind) aus dem Körper heraus-, hervorbringen, herauspressen; (ein Kind) zur Welt bringen“[74] heißt.

Konnte dann wieder einschlafen, aber so richtig klüger bin ich auch nicht geworden bei der Suche. Werde wohl noch mehr über Gebaren, Gebärdensprache und Geparden nachdenken müssen, wo ich gerade dabei bin.

 

Dein Homo Magi


 

Chinese Ghost Story

 

Hallo Salamander,

 

was macht man an den Abenden im Frühherbst, wenn es draußen auf einmal nicht mehr sonnig ist, man aber noch nicht drinnen heizen will? Man wickelt sich in Decken, fläzt sich auf das Sofa und schaut Fernseher.

Gedacht, geschehen. Dieses Mal war es eine Reise in die Esoterik der späten 80er, genauer: in die chinesische Magie, wie sie uns in „A Chinese Ghost Story“ 1-3 präsentiert wurde. Eines muss man sagen: alle drei schlagen sich heute noch sehr gut (Wortspielhölle!). Aber nicht nur als Kampffilme halten sie der Zeit gut stand, sondern auch die Handlung ist weiterhin interessant. Das gilt besonders für Teil 1 und 2, die eine abgeschlossene Geschichte spielen – Teil 3 spielt hundert Jahre später, den muss man nicht schauen, wenn man eine runde, abgeschlossene Geschichte schätzt. Außerdem wurde der dritte Teil neu synchronisiert, da sind die Stimmen auf einmal nicht mehr „passend“ und man verliert das Gefühl, in einem vertrauten Umfeld agierende Personen zu sehen.

Es ist eine Geistergeschichte, in der es um die Liebe zwischen einem Menschen und einem Geist geht. Dazu kommt ein Magier, der Mensch ist, aber sich mit den Geistern verbunden fühlt – mehr Geist als Mensch. Der deutsche Titel des ersten Teils – „Verführung aus dem Reich der Toten“ – trifft es ganz gut. Ein wenig Erotik spielt nämlich auch eine Rolle, zumindest war mein Anfang-20er-Körper davon begeistert, als der Film irgendwann nach 1987 Deutschland erreichte.

Dazu kommt, dass es eine schöne Magiedarstellung gibt – die Zauber sind (gerade in Teil 1 und 2) gut übersetzt (während man im dritten Teil in einer Art Hokuspokus-Simsalabim-Hölle für chinesische Zaubersprüche landet).

Noch einmal: Teil 1 und 2 sind begeisternd, trotz ihrer 30+ Jahre im Filmalterpass. Wer mal wissen will, was Baumdämonen so mit ihrer Zunge machen können, wie romantisch Geisterliebe sein kann und wie man als Schuldeneintreiber zum Held werden kann, der sollte auf jeden Fall einen Herbstabend für Teil 1 und 2 nützen.

 

Dein Homo Magi


 

Artgemeinschaft

 

Hallo Salamander,

 

heute begann mein Morgen im neuen (gebrauchten) Wagen fröhlich: gleich die erste Meldung im Radio war das Verbot der Artgemeinschaft.

Die DPA-Meldung ist dankenswerterweise eindeutig:

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat eine rechtsextremistische Vereinigung verboten, die sich „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“ nennt. Wie das Ministerium mitteilte, durchsuchten Einsatzkräfte der Polizei am Mittwochmorgen 26 Wohnungen von 39 Vereinsmitgliedern und Räume des Vereins in zwölf Bundesländern.[75]

Weiter heißt es bei der „Zeit“:

Die Artgemeinschaft verbreite „unter dem Deckmantel eines pseudoreligiösen germanischen Götterglaubens ihr gegen die Menschenwürde verstoßendes Weltbild“, teilte das Innenministerium mit. So weise die Ideologie klare Merkmale der NS-Rassenlehre auf, wobei das Wort Art als Synonym des Rassebegriffs verwendet werde.[76]

Natürlich wird man als Heide hellhörig, wenn man das hört – mir muss der Hinweis auf einen „pseudoreligiösen germanischen Götterglauben“ nicht gefallen, denn das kann schnell in andere Richtungen gehen. Aber mir käme es natürlich nicht eine halbe Sekunde in den Sinn, eine so irre Gruppe die wie „Artgemeinschaft“ ernsthaft als religiöse Gemeinschaft zu bezeichnen. Trotzdem wird die „Artgemeinschaft“ fast immer so wahrgenommen. Ein Beispiel gefällig?

Laut der Zentrale für politische Bildung handelt es sich um eine neuheidnisch-germanische, rechtsextreme und sektenartige Organisation, die 1951 gegründet wurde und ihren Sitz im bayerischen Stockstadt hat. Zwischen 1989 und 2009 wurde die Sekte von dem damaligen Vize-Parteichef der NPD, Jürgen Rieger, geführt.[77]

Glücklicherweise war die Artgemeinschaft schon immer ziemlich daneben, so dass man mit wenig Nachdenken darauf kam, dass die nicht alle Latten am Zaun hatten:

Vom Verbot ist auch die Vereinszeitschrift, die „Nordische Zeitung“ betroffen. Als Logo dient der „Artgemeinschaft“ die sogenannte Irminsul, ein Symbol der germanischen Mythologie. Ebenfalls als Symbol der Gruppierung fungiert ein Adler, der einen christlichen Fisch greift. Dieses Zeichen ist sogar markenrechtlich auf die „Artgemeinschaft“ eingetragen.

Wegen der Ablehnung des Christentums verwendet die „Artgemeinschaft“ nicht die üblichen Jahreszahlen, also „nach Christus“. Stattdessen schreibt die germanisch-heidnische Gruppe heute das Jahr 3823 „nach Stonehenge“.[78]

Stonehenge, das uralte germanische Heiligtum. War mir bisher irgendwie entgangen.

Das Baudatum von Stonehenge wäre nebenbei dann 1.800 vor Christus, ungefähr 1.200 Jahre nach dem vermuteten Baudatum der ersten Version.[79] Und als Historiker schreibe ich brav weiter „vor Christus“ – über Kalender Politik zu machen haben schon andere Leute versucht und sind gescheitert. Ich lasse da die Finger von.

Zurück zum Anfangsthema: Die Artgemeinschaft ist verboten. Ein wichtiger Schritt, aber ein sehr später (und ein wenig bleibt die Angst, dass es nur Wahlkampfgetöse ist).

 

Dein Homo Magi

 

 

David McCallum

 

Lieber Salamander,

 

als ich von seinem Tod erfahren habe, rief ich einen alten Freund an. Er nahm ab und sagte seinen eigenen Namen. Ich sagte nur „Steel ist tot.“ Kurzes Schweigen. „Wann?“ „Vorgestern“. „Scheiße.“

Diese Art von Unterhaltung kann ich mit wenigen Menschen führen. Aber es gibt noch einige.

David McCallum ist im Alter von 90 gestorben. Bis zu seinem Tode spielte er 20 Jahre (!) in „NCIS“ (deutsch „Navy CIS“). Doch für mich (uns) war er wichtiger als Illya Kuryaikin in „The Man from U.N.C.L.E.“ Ein russischer Agent in einer Weltorganisation gegen das organisierte Verbrechen … in den 60er-Jahren war das noch eine echte Ausnahme. Und er spielte die Rolle echt super an der Seite von Robert Vaughn als Napoleon Solo.

Für die Science Fiction war McCallum interessanter durch „Sapphire & Steel“. Wie heißt es da so schön in der Eröffnung jeder Folge:

All irregularities will be handled by the forces controlling each dimension. Transuranic heavy elements may not be used where there is life. Medium atomic weights are available: Gold, Lead, Copper, Jet, Diamond, Radium, Sapphire, Silver and Steel. Sapphire and Steel have been assigned.

Die Serie ist aus verschiedenen Gründen großartig – nicht nur wegen der verdammt guten Schauspieler, sondern auch wegen der minimalen Effekte, die hier nötig sind, um Angst oder Verwirrung beim Zuschauer zu erzeugen. Wer hat schon Angst vor einem Lichtpunkt oder einem Taschentuch? Das kann sich verändern, wenn man die Folgen schaut.

Er wurde über 90 Jahre alt. Er hat bis zum letzten Tag gearbeitet Und er hat viele Menschen – so auch mich – begeistert mit der Art, wie er in einfachen (?) Fernsehserien „alles gab“.

Alles Gute Dir.

 

Grüße, Homo Magi

 

 

MCs

 

Lieber Salamander,

 

ich habe ein paar Dateien, das sind Musikdateien auf meinem Rechner. Ganz legal, keine Angst.

Vor über 30 Jahren habe ich immer mal wieder Filk-Cassetten gekauft. „Filk“, das ist die englische Bezeichnung für Fan-gemachte Folk-Musik, also ein Wortspiel mit „Folk“. Da gab es Musik zu Science Fiction-Romanen, Raumschiff-Lieder, Sammlungen von Stücken zu „Raumschiff Enterprise“ und so weiter. Einer meiner Helden (bis heute) ist ein Herr namens Michael Longcor, der – neben Leslie Fish (einer anderen Heldin) – zum Beispiel Kipling vertont hat, das Ganze mit einer netten Stimme und einer schönen Gitarrenbegleitung kombiniert ein Genuss.

Später habe ich die MCs (zur Erklärung für die Jugend von heute: Musikcassetten) auf CDs gebrannt bekommen, früher hatte man noch Geräte, die den Transfer hinbekamen. Dann habe ich die CDs irgendwann auf den PC gesichert und die CDs ausgesondert (Platzgründe). Jetzt habe ich die Dateien auf einen USB-Stick gezogen und höre sie ab und an im neuen (gebrauchten) Auto, das die Möglichkeit bietet, so etwas abzuspielen.

Eigentlich ein unfassbarer Technik-Transfer. Ähnlich erging es alten Texten von mir, die ich dann zum Teil nur noch als PDFs besitze (von älteren Scans), die ich dann bearbeite, um sie auf meiner „Homepage“ (Heimatseite klingt wirklich schlimm) wieder zu veröffentlichen.

Das schlimme ist doch irgendwie, dass wir immer noch dieselben Menschen geblieben sind. Die ganzen technischen Errungenschaften haben uns nichts aber auch wirklich nichts gebracht, was unseren sozialen Lerneffekt betrifft. Wir sind jetzt technisch besser ausgerüstet, schneller in der Anwendung, unfassbar vernetzt – und ich höre immer noch die alte Musik und die Menschen machen dieselben Fehler wie damals.

Auch eine Bluetooth-Box im Ritual ersetzt nicht den Inhalt, eine E-Mail nicht das Gespräch und ich muss nicht online sein, um glücklich zu sein. Ehrlich.

 

Dein Homo Magi

 

 

Frauenbild und Bilderfrauen

 

Lieber Salamander,

 

immer wieder gibt es Kritik an der Darstellung (oder fehlenden Darstellung) von Frauen und Frauenberufen in der mittelalterlichen Kunst. Diese Kritik zieht sich von dieser Epoche dann in beide Zeitrichtungen – zu wenige Frauen auf zu vielen Bildern.

Gleichzeitig haben wir eine Entwicklung, in der das biologische Geschlecht (wobei hier diskutiert wird, ob es das noch gibt) und das gelebte Geschlecht identisch sind oder sein müssen. Das heißt, dass die eigene Geschlechtlichkeit erklärbar wird und erklärbar sein sollte.

Wenn man diesen Gedanken weiter verfolgt, dann führt das dazu, dass die Bildersprache der Kunst nur verständlich wäre, wenn wir wüssten, ob der Filter zur Wahrnehmung von Geschlechtern auf historischen Bildern nicht nur unserer eigenen Schere im Kopf folgt. Wir sehen männliche Figuren in Männerkleidung und Männerberufen, ergänzen also selbst den Rahmen und folgern dann, dass hier zu wenige Frauen zu sehen sind. In einer Ära, in der die Geschlechtlichkeit erklärbar ist, müssen wir dann konsequent diese Selbst-Erklärbarkeit auch auf die Vergangenheit anwenden.

Für mich ist Kunst aus sich selbst raus erklärbar oder erklärend. Ich weiß, was mir gefällt und misstraue allem, was man mir erst erklären muss. Komischerweise ist Kunst gerade im öffentlichen Raum umso mehr erklärungsbedürftig, desto teurer sie ist. Der Zusammenhang zwischen meiner Kunstwahrnehmung und einem Banausentum mag hier diskutierbar sein, aber ich bin schon in der Lage, in vielen Dingen Kunst zu erkennen und zu genießen und zu verteidigen, die andere Menschen (und zwar mehr als nur Mitarbeiter und Verwandte des Künstlers) schön finden.

Aber die Erklärbarkeit von Kunst ernährt zuerst jene, welche die zu erklärende Kunst herstellen und jene, die sie erklären. Ich vermute leider, dass das bei der Erklärbarkeit der Geschlechtlichkeit ähnlich wird.

So, jetzt verreise ich ein paar Tage, damit du dich abregst.

 

Dein Homo Magi

 

 

Das heidnische Jahr

 

Hallo Salamander,

 

Rückblicke sind immer schwer. Dieses heidnische Jahr brachte mir ein schönes Ostara, ein schönes Thing, nette Rituale und viele freundschaftliche Gespräche und Zusammenkünfte.

Es war aber auch ein Jahr der Angst für viele Menschen in Europa. Da ging es um Dinge, die ganz tief in unseren Ängsten verankert sind: Krieg, Heizung, Ernährung, aber auch das eigene wirtschaftliche Weiterleben schienen bedroht. Alles nicht schön und für viele Menschen mit Angst verbunden.

Und da kommen sie wieder aus ihren Löchern, diejenigen, die uns Heilsversprechen abgeben. In der Innenstadt breiten sich die Zeugen Jehovas auf den Plätzen aus wie ein aggressiver Pilz, der immer weitere Kreise zieht. Aber das sind doch nur Indikatoren für das, was die Angst hervorruft, nämlich noch mehr Angst. Über allem schwebt drohend die Angst vor neuen Ausgangsbeschränkungen wegen Corona.

 

Und: Damit ich mich nicht langweile, hat mein Arbeitgeber beschlossen, seine Zukunft ohne die Hälfte der Firma und mich weiter zu leben. Ich komme da wohl mit einem blauen Auge raus, darf aber jetzt mit Ende 50 noch einmal meine Kraft auf den Arbeitsmarkt werfen. Mal sehen, was der Facharbeitermangel für mich zu bieten hat. Ich halte dich auf dem Laufenden.

Aber: nicht einknicken ist die Devise, bei allen diesen Dingen. Solange man lebt, gibt es Hoffnung … das würde ich gerne in goldenen Lettern über das nächste heidnische Jahr als Motto aufhängen.

 

Dein Homo Magi


 

Tanzend, taumelnd
siehe Lyrik



[2] www.ines-witte.de/html/einweihung_in_die_einhornenerg.html ; 15.11.2022; Schreibfehl im Original (überprüft 06.11.2023)

[4] Ebenda; Hervorhebungen im Original

[6] Für Nichtwissende: www.hborchert.de/vogone.htm ; 15.11.2022

[9] ebenda

[10] ebenda

[11] ebenda

[12] ebenda

[13] ebenda

[15] ebenda

[16] ebenda

[17] ebenda

[18] ebenda

[19] ebenda

[20] ebenda

[21] ebenda

[22] ebenda

[29] ebenda

[31] 28. Auflage 2021 (Erste Auflage 1975), Suhrkamp Verlag

[32] S. 2 (nicht paginiert)

[33] ebenda

[34] ebenda, S. 81

[39] ebenda

[42] www.hermannritter.de; sehr einfallsreich, ich weiß

[44] Wellmann, Manly Wade „The hanging Stones”, 1982, S. 40

[45] Berlin (Verbrecher Verlag), 2014

[46] ebenda, S. 43 f.

[49] London, 2022

[50] Fußnote, S. 270

[53] ebenda

[58] ebenda

[59] https://de.wikipedia.org/wiki/Weltdeutsch; 14.07.2023

[60] Vgl. ebenda

[61] ebenda

[63] Laut Zitationshilfe der Seite muss hier jetzt stehen: „Yggdrasil“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, < https://www.dwds.de/wb/Yggdrasil  >, abgerufen am 10.08.2023.

[64] Wir folgen der Zitationshilfe: DWDS-Wortverlaufskurve für „Yggdrasil“, erstellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, < https://www.dwds.de/r/plot/?view=1&corpus=dta%2Bdwds&norm=date%

2Bclass&smooth=spline&genres=0&grand=1&slice=10&prune=0

window=3&wbase=0&logavg=0&logscale=0&xrange=1800%3A1999&q1=Yggdrasil  >, abgerufen am 10.8.2023.

[65] Wieder: „Yggdrasil“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, < https://www.dwds.de/wb/Yggdrasil  >, abgerufen am 10.08.2023.

[66] „Midgard“, bereitgestellt durch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache, < https://www.dwds.de/wb/Midgard >, abgerufen am 10.08.2023.

[67] ebenda

[68] El Quassil/Karig, S. 434 f.

[71] ebenda

[72] Wer mir nicht glaubt: https://www.youtube.com/watch?v=P0cYlsG4cpI ; 20.09.2023

 

 

 

 


 

 

 


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