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Hallo
Salamander,
ch bin ja arbeitssuchend und hatte mich auch bei der evangelischen
Kirche beworben. Nein, kein religiöses Amt, es ging um Digitalisierung.
Man wollte mich nicht, aber man „vergaß“ wohl, die
Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen. Da kann man dann klagen als
Schwerbehinderter – was ich tat. Die Gegenseite teilte mit, dass für sie
das Arbeitsrecht und das Behindertenrecht nicht gelten, wahrscheinlich
auch nicht die Schwerkraft. Also kam ein Gerichtstermin, den sogenannten
Gütetermin.
Ich fand einen Parkplatz vor dem Gebäude und hatte noch reichlich Zeit.
Super. Ich ging zum Arbeitsgericht und fand ein Schild vor. „Dieser
Eingang ist zur Zeit geschlossen. Bitte benutzen sie den Eingang auf der
gegenüberliegenden Seite.“ Der war einmal um den Block, über fünf Minuten
zu Fuß. Schon freute ich mich über den Umgang mit fußlahmen älteren
Heiden.
Ich ging um den Block, hatte immer noch Zeit – und war ungefähr Nummer 46
in einer riesigen Schlange, wo Person für Person durch eine (!)
Sicherheitsschleuse musste. Ich stand zehn Minuten an, dann nahm ich
Kontakt zur am Eingang aufpassenden Polizistin auf. Ich kann nicht so
lange stehen und überhaupt die Schwerbehinderung … also zog man mich vor.
Ich gab Machete und Mobiltelefon ab (okay, die Machete ist gelogen, es war
ein winziges Taschenmesser, was man konfiszierte), wurde zwei Mal
gescanned (mein Gehstock aber nie, der durfte über die Absperrung gereicht
werden – keine Fragen). Dann durfte ich wieder den langen Marsch antreten,
nur dieses Mal durch den Häuserblock durch zum Arbeitsgericht.
Unterwegs musste ich drei Stockwerke überwinden, das verteilte sich auf
zwei altersschwache Fahrstühle. Drinnen hing immer ein Schild „Wenn sie
stecken bleiben – einfach anrufen. Hilfe kommt.“ Sehr beruhigend war, dass
man mir ja vorher mein Telefon abgenommen hatte …
Ich schaffte es gerade noch rechtzeitig zum Termin.
Die Gegenseite wollte sich nicht entschuldigen – dafür hätte sie kein
Mandat. Sie wollte auch keine Entschädigung als Vergleich zahlen – dafür
hätte sie kein Mandat. Die Richterin fragte nach, für was sie dann
überhaupt ein Mandat hätten … wahrscheinlich für das Atmen. Man ließ der
Kirche zwei Wochen Zeit, auf unser (wirklich nettes) Angebot einzugehen.
Die Entschuldigung kam nicht, aber innerhalb von 72 Stunden die Zahlung.
Gab wohl doch ein Unrechtsbewusstsein auf der anderen Seite – oder doch
die Erkenntnis, dass manche Gesetze sogar für die Kirche gelten (und
eventuell sogar die Schwerkraft).
Es war mir ein innerer Reichsparteitag, wie mein Vater sagen würde.
Dein Homo Magi
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