Homo Magi 

Artgemeinschaft

01.10.2023

Homo Magi

Hallo Salamander,

heute begann mein Morgen im neuen (gebrauchten) Wagen fröhlich: gleich die erste Meldung im Radio war das Verbot der Artgemeinschaft.

Die DPA-Meldung ist dankenswerterweise eindeutig:

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat eine rechtsextremistische Vereinigung verboten, die sich „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“ nennt. Wie das Ministerium mitteilte, durchsuchten Einsatzkräfte der Polizei am Mittwochmorgen 26 Wohnungen von 39 Vereinsmitgliedern und Räume des Vereins in zwölf Bundesländern.[1]

Weiter heißt es bei der „Zeit“:

Die Artgemeinschaft verbreite „unter dem Deckmantel eines pseudoreligiösen germanischen Götterglaubens ihr gegen die Menschenwürde verstoßendes Weltbild“, teilte das Innenministerium mit. So weise die Ideologie klare Merkmale der NS-Rassenlehre auf, wobei das Wort Art als Synonym des Rassebegriffs verwendet werde.[2]

Natürlich wird man als Heide hellhörig, wenn man das hört – mir muss der Hinweis auf einen „pseudoreligiösen germanischen Götterglauben“ nicht gefallen, denn das kann schnell in andere Richtungen gehen. Aber mir käme es natürlich nicht eine halbe Sekunde in den Sinn, eine so irre Gruppe die wie „Artgemeinschaft“ ernsthaft als religiöse Gemeinschaft zu bezeichnen. Trotzdem wird die „Artgemeinschaft“ fast immer so wahrgenommen. Ein Beispiel gefällig?

Laut der Zentrale für politische Bildung handelt es sich um eine neuheidnisch-germanische, rechtsextreme und sektenartige Organisation, die 1951 gegründet wurde und ihren Sitz im bayerischen Stockstadt hat. Zwischen 1989 und 2009 wurde die Sekte von dem damaligen Vize-Parteichef der NPD, Jürgen Rieger, geführt.[3]

Glücklicherweise war die Artgemeinschaft schon immer ziemlich daneben, so dass man mit wenig Nachdenken darauf kam, dass die nicht alle Latten am Zaun hatten:

Vom Verbot ist auch die Vereinszeitschrift, die „Nordische Zeitung“ betroffen. Als Logo dient der „Artgemeinschaft“ die sogenannte Irminsul, ein Symbol der germanischen Mythologie. Ebenfalls als Symbol der Gruppierung fungiert ein Adler, der einen christlichen Fisch greift. Dieses Zeichen ist sogar markenrechtlich auf die „Artgemeinschaft“ eingetragen.

Wegen der Ablehnung des Christentums verwendet die „Artgemeinschaft“ nicht die üblichen Jahreszahlen, also „nach Christus“. Stattdessen schreibt die germanisch-heidnische Gruppe heute das Jahr 3823 „nach Stonehenge“.[4]

Stonehenge, das uralte germanische Heiligtum. War mir bisher irgendwie entgangen.

Das Baudatum von Stonehenge wäre nebenbei dann 1.800 vor Christus, ungefähr 1.200 Jahre nach dem vermuteten Baudatum der ersten Version.[5] Und als Historiker schreibe ich brav weiter „vor Christus“ – über Kalender Politik zu machen haben schon andere Leute versucht und sind gescheitert. Ich lasse da die Finger von.

Zurück zum Anfangsthema: Die Artgemeinschaft ist verboten. Ein wichtiger Schritt, aber ein sehr später (und ein wenig bleibt die Angst, dass es nur Wahlkampfgetöse ist).

 


 

 

 

 

 


 

 

 


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